20 April 2018

Zwei Stunden in Nagold

Wer die kleine Stadt Nagold nicht kennt, braucht sich nicht zu grämen – es ist keine Bildungslücke, die Stadt im Schwarzwald nicht zu kennen. In den 80er-Jahren war sie aber in gewisser Weise wichtig: Von dort kamen die Skeezicks, die mit ihrem rasanten Hardcore-Punk in Süddeutschland und in den Beneluxländern für Aufsehen sorgten.

Und in Nagold spielten all die bekannten Bands der aufkeimenden Hardcore-Szene. In meiner Erinnerung sind es rauschende Konzerte in einem kleinen Keller oder im großen Konzertraum. Schaue ich mir heute Fotos oder gar Videos von damals an, sind die Räume noch viel kleiner als in meiner Erinnerung, und das Publikum schmilzt von großen Mengen auf ein paar Dutzend junge Leute in zerrissenen Klamotten zusammen.

Kürzlich besuchte ich Nagold, die Gründe hierfür sind eigentlich egal. Ich parkte – ohne das geplant zu haben – keine zwanzig Meter vom Jugendhaus entfernt auf einer Parkfläche, die es früher nicht gegeben hatte. Und ich lief durch die kleine Stadt, in der ich so gut wie nichts mehr wiedererkannte.

In den Randbereichen der kleinen Innenstadt wechseln sich gesichtslose Kreisverkehre, Supermärkte und Unterführungen ab; die Straßen, durch die ich früher fuhr, gibt es offenbar nicht mehr. Die eigentliche Innenstadt erwies sich als Fußgängerzone, was ja grundsätzlich gut ist. Aber ich erkannte nicht mehr, wo früher die Straße nach Freudenstadt verlaufen war und wie man auf dem direkten Weg nach Herrenberg weiterfahren konnte – wo ich vor dreißig Jahren eben auch oft bei Konzerten war.

Irgendwann stand ich dann doch vor dem Jugendhaus. Es sah tatsächlich so aus wie früher, und es gingen junge Leute ins Innere, also war es noch im Betrieb. Man hatte eine hässliche Außentreppe errichtet, so ein Metallding, wie man sie immer öfter sieht.

Der Aufenthalt in Nagold war keine Zeitreise. Dafür erkannte ich zu wenig wieder. Es war die Begegnung mit einer Stadt, die ich in meinem Innern quasi konserviert habe und die sich in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt hat.

(Ach ja: Skater, Punks, Metal-Kids oder Skinheads sah ich keine. Von denen gab es vor dreißig oder mehr Jahren in Nagold recht viele. Oder ist das auch nur eine verzerrte Erinnerung?)

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