01 Oktober 2016

Gedanken an Manfred Borchard

Gestern morgen – also am Freitag, 30. September 2016 – verstarb Manfred Borchard in Freiburg. Den meisten Besuchern meines Blogs wird der Name nicht so viel sagen; mich hat die Todesnachricht sehr getroffen. (Vor allem deshalb, weil ich mir gut ein halbes Jahr lang vorgenommen habe, mich bei ihm zu melden – und es nie auf die Reihe bekommen habe.)

Manfred Borchard habe ich vielleicht dreimal persönlich getroffen, viel öfter war es nicht. Geschrieben haben wir uns jahre- und jahrzehntelang. In den späten 70er-Jahren war er einer meiner ersten Science-Fiction-Kontakte. Er schrieb Kurzgeschichten, die unter anderem auf der Leserkontaktseite der PERRY RHODAN-Romane veröffentlicht wurde. Und er gab zusammen mit Helmut Ehls das hervorragende Fanzine »Phalanx« heraus,

Warum Manfred Borchard nicht den Sprung zum »Profi-Autor« gewagt hat, weiß ich nicht. Anfangs der 80er-Jahre wurde er in professionellen Anthologien veröffentlicht – aber wahrscheinlich waren seine Geschichten zu ausgefallen, zu experimentiell. Er spielte mit der Sprache, war oftmals sehr weit entfernt von der gängigen phantastischen Literatur.

Irgendwann in den 80er-Jahren hörte er damit auf, seine Kurzgeschichten zu veröffentlichen. Wir schrieben uns vor allem in den 90er-Jahren sehr regelmäßig. Manfred schickte mir dicke Umschläge, denen er auch Berichte über Punkrock und Comics beilegte, also Themen, von denen er annehmen konnte, dass sie mich interessierten.

Unser Kontakt schlief in den Nullerjahren ein, weil ich nicht mehr so regelmäßig antwortete. Auf E-Mails wollte Manfred nicht umsteigen, er schrieb lieber Briefe und bevorzugte diese Art der Kommunikation. In seinen Briefen war er originell und geistreich, und ich ärgere mich darüber, sie nicht alle aufgehoben zu haben.

Vor etwa einem Jahr hörte ich von seiner schweren Erkrankung. Ich nahm mir mehrfach vor, ihn anzurufen oder anzuschreiben. Viel zu oft fand ich Ausreden dafür, es nicht zu tun: zu viel Arbeit, zu viel Stress. Gestern erlag er seiner Krankheit.

Was bleibt, sind die Erinnerungen an einen Science-Fiction-Fan, den ich sehr schätzte, Erinnerungen an einen Autor und Fanzinemacher, der mich zeitweise sehr beeinflusste. Und was vor allem bleibt, ist die klare Absicht, nie wieder einen Krankenbesuch zu lange vor mir herzuschieben.

3 Kommentare:

Enpunkt hat gesagt…

Ein Porträt des verstorbenen Autors Manfred Borchard findet sich auf der Website des Magazins »Exodus«.
https://www.exodusmagazin.de/who-is-who/autoren/153-borchard-manfred.html

RoM hat gesagt…

Servus, Klaus.

Mit meinem fanischen "Jahrgang" 1986 bin ich wohl zu jung geraten (oder zu einseitig interessiert), um Manfred Borchard gekannt zu haben. Allerdings spricht einen sein klassischer Werdegang als Fan spontan an. Geschichten zu lesen, um irgendwann selbst Geschichten zu schreiben ist oder war der insgeheime Wunsch vieler im Fandom. Wir saßen also alle um das gleiche Lagerfeuer.

Ein fein geschriebenes in memoriam von Dir.

bonté

Elena hat gesagt…

Das ist in doppelter Hinsicht traurig, zum einen natürlich, weil wieder einer gehen musste, zum anderen, weil sich in Deine Trauer anscheinend auch Schuldgefühle gemischt haben und das tut mir sehr leid für Dich. Ich wünsche Dir viel Kraft! Alles Gute!