08 Juli 2016

Denn wir brauchen einen Führer

Jetzt wird wieder ein Führer vermisst. War ja klar – geht in Deutschland mal nicht alles so, wie es sich »die Nation« vorstellt, wird der Ruf nach einem »Führer« laut. Heute nennt man das dann neudeutsch einen »Leader« oder – sozialhygienisch korrekter – eine »Führungspersönlichkeit«. Aber es ändert nichts daran, dass viele Leute hierzulande nicht damit klarkommen, dass es verschiedene Persönlichkeiten geben kann, die gleichwertig sind und trotzdem  »funktionieren«.

Ich rede natürlich vom Fußball. Und von »la Mannschaft«, der deutschen Fußballnationalmannschaft der Männer, die bei der Europameisterschaft im Halbfinale an den Franzosen gescheitert ist.

Es mangelt jetzt nicht an Menschen, die – kurz gefasst – aussagen, das deutsche Team hätte gewonnen, wenn es einen eindeutigen Führer auf dem Platz gegeben hätte. Wenn man mit mehr »deutscher Härte« gespielt hätte. Vielleicht, vielleicht, vielleicht.

Ja, ich habe das Spiel gesehen. Im Vergleich zu vielen anderen Spielen, die ich bei dieser Europameisterschaft mitbekommen habe, war es spannend und energiegeladen. Es machte Spaß, bei diesem Spiel zuzuschauen, und ich fieberte bis kurz vor dem Ende mit.

Die Franzosen starteten stark in die erste Halbzeit. Die Deutschen brauchten eine Weile, um damit klarzukommen, beharkten dann die ganze Zeit das französische Tor. Ein dämliches Handspiel brachte einen Elfmeter, und die Franzosen beendeten die erste Halbzeit mit eins zu null. Die zweite Halbzeit ist eh auch schon Geschichte.

Es fehlt nicht an Gemecker; die Medien sind voll, und in den Sozialen Netzwerken steht viel dummes Zeugs. Ich bin kein Fußballexperte und werde auch nie einer sein. Ich bin ein Laie, der seit vielen Jahren zuschaut und der in seiner Jugend schlecht für die örtliche Pizzeria-Mannschaft gekickt hat – besser konnte ich es nicht. Aber der Unfug, den manche Fußballgucker jetzt wieder über die deutsche Mannschaft auskübeln, ist mir unverständlich.

Aber gut. Am Sonntag schauen wir dann zu, wie die Franzosen die Portugiesen aus dem Turnier werfen und den Titel holen. Das hätten sie verdient – die Mannschaft hat sich in den vorherigen Spielen gesteigert und gegen »la Mannschaft« letztlich zu Recht und mit einigem Glück gewonnen.

Und die 80 Millionen Fußballtrainer in diesem Land können sich endlich wichtigeren Themen zuwenden. Vielleicht lässt sich in diesem Sommer noch trefflich über die anstehende Hitzewelle, den Bildungsnotstand oder sonst irgendein Thema reden, bei dem jeder sehr leicht eine Meinung formulieren kann ...

4 Kommentare:

RoM hat gesagt…

Dobry vecer, Klaus.
Amüsant bleibt, wie Erfolg kollektiviert wird von einer Masse aus Jubelchören* - während eine entscheidende Niederlage der standesrechtlichen Verdammung angetragen wird. Gernst ist dann (bierdunstig) die Rede von harten Konsequenzen & die bodenflach zerbröselte Sportnation grollt sauertöpfisch.
Est in eo: Deutschlands Elite-Balltreter dürfen verlieren! Liegt in der Anlage des Spiels begründet, weil eben andere Leute nicht weniger ein rundes Leder platzieren können.
Echte Fußballfans freut ein gutes Spiel, wann immer sie es zu sehen bekommen. Um die Trittbrettfahrer des Erfolgs bleibt es da nicht schade.

Zumindest aber ist jetzt wieder Ruhe im Karton... :-D

bonté


* fast könnte man/frau hier meinen, daß jeder die 90 Minuten Laufarbeit der Spieler selbst absolviert

Ulf hat gesagt…

Haben die Kommentatoren nicht eher nach einem Goalgetter verlangt? An Führungspersönlichkeiten gab es keinen Mangel, das hat jeder Schweinsteiger, Neuer, Müller zugestanden :)

Jim hat gesagt…

Ich glaube ja, Deutschland hätte gewonnen, wenn sie Tore gemacht hätten. Aber ich bin, obwohl ich selbst noch etwas spiele, wohl dann auch ein Laie.

J. hat gesagt…

M.E. hat einfach Miroslav Klose gefehlt. Ein echter Knipser eben. Deutschland hatte fast 70% Ballbesitz, da muss einfahc mehr als NULL Tore machen.