09 Februar 2015

Uhrwerk Orange ganz neu

Wenn es einen Roman gibt, der zahlreiche Subkulturen beeinflusst hat, so ist es »Uhrwerk Orange«. Allerdings dürfte die Beeinflussung vor allem indirekt gewesen sein – die wenigsten Musiker hatten den Roman von Anthony Burgess gelesen und ließen sich von der Verfilmung durch Stanley Kubrick faszinieren.

Trotzdem bleiben genügend Einflüsse: Die Wave-Band Heaven 17 benannte sich nach einer Band aus dem Roman; die Punk-Band Adicts kleidete sich stets wie die Bösewichte in dem Roman; die Hardcore-Band Vellocet ließ bei ihrem Namen die Droge aus dem Roman als Pate stehen; das Fanzine Moloko Plus entlieh seinen Namen von der Milchbar, die in dem Werk eine wichtige Rolle spielt; das Rechtsrock-Label Dim Records hatte seinen Namen von einer wichtigen Hauptperson – um nur einige Beispiele zu nennen.

Bei den meisten blieb leider nur die Faszination für die Gewalt und die unorthodoxe Sprache hängen, mehr nicht. Und selbst wenn die Bands wussten, wovon es bei dem Film oder gar bei dem Buch ging, war es dem Publikum größtenteils unklar. Unvergessen sind mir die grölenden Fans der Toten Hosen, die ihr »Hey, hier kommt Alex – Vorhang auf für seine Horror-Show« sangen, ohne zu verstehen, um was es dabei ging, vor allem nicht zu kapieren, dass »horrorshow« in dem Roman eigentlich ein Slang-Begriff für »gut« ist.

Sei's drum. Den Film sah ich in den 80er-Jahren zweimal, den Roman las ich einmal, und jetzt gibt es eine sehr gelungene Neuauflage: neu übersetzt, mit einem umfangreichen Apparat, in dem Interview-Auszüge mit dem Autor, zusätzliche Szenen und begleitende Artikel enthalten sind. Das alles las ich mit großem Interesse, ich stehe aber auch auf so »Hintergrund-Zeugs«.

Ich finde, der Roman hat von seiner Wirkung nicht viel verloren. Er liest sich anfangs ein wenig schwer, weil die Sprache recht komplex ist; wenn man sich aber mal darauf einlässt und gelegentlich das kleine Lexikon benutzt, wird es einfacher. Dann lässt sich das Werk echt schnell durchlesen – und es ist nach wie vor ein toller Stoff.

Nicht nur für Science-Fiction-Fans eine geeignete Lektüre, sondern auch für Punkrocker und Skinheads, die endlich einmal wissen wollen, was hinter den so häufig benutzen Begriffen wie »tolshock« oder »horrorshow« eigentlich wirklich steckt. Erschienen ist das Buch bei Klett-Cotta als Hardcover; es gibt auch eine E-Book-Ausgabe.

1 Kommentar:

thomas saalfeld hat gesagt…

ja, so sollten Bücher geschrieben werden; Zeitgeist, Unterhaltung und Anspruch; nicht die 100000 ste fantasyzwergeorkquatschwiederholung