02 September 2014

Die Ramonesierung der Gesellschaft

Mitten im Marktgetümmel sah ich die auffällig geschminkte Dame vor mir. Sie war um die 25 Jahre alt und trug eine unförmige Handtasche in Rot-Orange, auf der das riesige »Ramones«-Logo prangt. Die alte Punkrock-Band also, die ich 1977 zum ersten Mal gehört und deren Poster ich mir 1978 aus der »Bravo« genommen und in meinem Zimmer an die Wand gepinnt habe, als reines Accessoire auf einer großen Handtasche ... ich war beeindruckt.

An diesem Tag geschah mir das mehrfach. Auf dem Flohmarkt, quasi gleich um die Ecke, sah ich einen Mann mit grauen Haaren, der ein verwaschenes »Ramones«-T-Shirt trug. Bei diesem war ich weniger überrascht: Wenn er die Band in den späten 70er-Jahren schon gut fand, passte das zu grauen Haaren und dem verwaschenen Charme des Kleidungsstückes.

Aber seit ich darauf achte, wo ich den »Ramones«-Schriftzug sehe, fällt mir auf, wie oft er irgendwo abgebildet und verwendet ist. Das Logo wird offensichtlich als Kult-Gegenstand geschätzt, der weit über die Grenzen der Punkrock- oder auch nur der Rock'n'Roll-Szene hinausgeht. Nicht jeder, der den Schriftzug spazieren trägt, hat wahrscheinlich eine Ahnung von der Musik und der Szene, die sich damit einmal verbunden hat.

Vielleicht ist das so, wenn »Gegenkultur« oder »Jugendkultur« immer mehr in die Jahre kommen. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass die Musiker der Band nacheinander das Zeitliche gesegnet haben. Vielleicht ist das »Ramones«-Logo ebenso wie die ausgestreckte Zunge der Rolling Stones einfach ein Symbol, das man trägt, weil es cool oder schick ist.

Vielleicht sollte ich mir über solche Dinge einfach gar keine Gedanken machen. Und mich lieber auf Raumfahrer und andere erfundene Dinge konzentrieren ...

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