09 August 2014

Gegen die Amazonen

Neuerdings breitet sich in der Buch-Branche etwas aus, das man auf neudeutsch – und hier auch berechtigt – nur als »Amazon-Bashing« bezeichnen kann. Autoren schreiben Brandbriefe gegen den Versandhändler, große Verlage empören sich öffentlich über die neuen Konditionen des Händlers (die für die kleinen Verlage teilweise schon ewig gelten ...), allesamt stellt man plötzlich fest, dass Amazon seine Mitarbeiter schlecht bezahlt und seine Steuern nicht korrekt entrichtet. Oooooops: Da haben jetzt aber alle schlagartig etwas gelernt.

Das ganze Gedöns ist einerseits berechtigt, andererseits peinlich. Amazon ist nicht deshalb der größte Versandhändler geworden, weil man dort böse ist. Amazon ist erfolgreich, weil er die gültigen Schlupflöcher im Steuerrecht ausnutzt, weil er sich beim Lohn an die kapitalistischen Grundregeln hält und Subventionen dort abgreift, wo der Staat sie bereitwillig hinlegt.

Und Amazon ist erfolgreich, weil der Konzern für die Kunden ein sehr gutes Produkt bereitstellt: einen nahezu perfekten Versandhandel für allerlei Produkte, von Büchern über Kondome bis hin zu Musik und Kaffeekannen. Solange man das als Kritiker nicht einsieht, sollte man die Klappe halten. Die Kunden kaufen nicht deshalb bei Amazon, weil sie es toll finden, dass die Mitarbeiter schlecht bezahlt werden – man kauft bei Amazon, weil es dort alles zu vernünftigen Preisen und schnell gibt.

Auch für die Verlage ist Amazon kein Gegner, wenngleich sie neuerdings so tun, als sei dies so. Mancher Verlag erwirtschaftet mit Amazon die Hälfte seines Umsatzes, viele Backlist-Titel wären ohne Amazon nicht mehr im Handel erhältlich – und so weiter.

Ich mag große Konzerne auch nicht, habe aber unlängst wieder etwas bei Amazon bestellt. (Mein Auto ist übrigens ebenfalls von einem großen Konzern, und der Computer, auf dem ich schreibe, sowieso ...) Das habe ich getan, weil es so praktisch ist und weil ich das betreffende Produkt sonst nirgends so rasch erhalten hätte.

Es ist sinnvoll, über Amazon zu diskutieren. Es ist auch sinnvoll, den Konzern zu kritisieren. Es ist aber albern, so zu tun, als sei er das Böse schlechthin.

3 Kommentare:

ich hat gesagt…

"...man kauft bei Amazon, weil es dort alles zu vernünftigen Preisen und schnell gibt..." - is ja auch völlig undenkbar, dass das mit daher kommen könnte, weil "die Mitarbeiter schlecht bezahlt werden"...

Enpunkt hat gesagt…

Na klar ist das so. Daas ist Kapitalismus.

Aus Kundensicht ist das ja auch nachvollziehbar. Genau um diesen Widerspruch ging's doch in meinem Artikel.

Muss ich noch mehr mit dem Holzhammer argumentieren?

Anonym hat gesagt…

Irgendwie verstehe ich deinen Ansatz auch nicht.

Weil Amazon billig und bequem ist, darf man nicht sagen sie sind böse, aber kritisieren darf man. Nur ab wann kritisiert man und wann sagt man Amazon ist böse?

Das es legal ist Gewinne, die an einem bestimmten Ort erziehlt werden, irgendwohin zu verlagern, ist eigentlich die Kritik. Aber das kann natürlich nicht Amazon in die Schuhe geschoben werden.

Das aber eine Firma, die Infrastruktur, die Bildung, das Gesundheitswesen - oder allgemein - die Leistungen der Gemeinschaft nutzt, aber die Gewinne lieber dort besteuert, wo es von diesen Leistungen nicht profitiert, läßt sich kaum anders ausdrücken als "böse".

Und das letztlich Schulterzucken als "das ist eben Kapitalismus" hinzunehmen, ist falsch. Es ist Politik und in den letzten 150 Jahren wurde viel dafür getan - gerade auch für unsere Generation - das eben nicht nur der wirtschaftliche Erfolg zählt, sondern von Gewinnen auch was für die Gemeinschaft - also für uns - getan wird.

Insofern ist eine Kritik, die Amazon als das Böse darstellt gut, denn - um dich zu zitieren - "Das ist Kapitalismus". Auf der einen Seite ist natürlich die Politik gefordert, aber auf der anderen Seite ist es gerade für solche Firmen nicht unwichtig, wie sie in der Öffentlichkeit da stehen.

Zumindest für die Mitarbeiter hat sich durch die Kampagne letzten Jahres schon einiges verbessert, auch dort wurde viel dran rumgemäkelt, aber es hat etwas bewirkt.

Und vielleicht bessert sich auch irgendwann die Situation für die Konkurrenz, die ihre Gewinne nicht in Steueroasen abziehen kann. Denn die Politik muss ja auch erfahren, was ihre Entscheidungen bewirken und daher ist es sicher wichtig zu sagen, was "böse" ist.