07 August 2014

Düsterer Blick auf eine depressive Familie

Bei meiner Reise durch das Universum des Kommissar Maigret erreichte ich dieser Tage den Band 26. Der kurze Roman »Maigret regt sich auf« war der erste, den Georges Simenon in den Tagen nach dem Zweiten Weltkrieg schrieb – er zeigt einen Kommissar, der im Ruhestand lebt, aus diesem Ruhestand aber abberufen und in einen privaten Fall hineingezogen wird.

Eine alte Dame engagiert den Pensionär, der in eine kleine Gemeinde am Ufer der Seine fährt. Dort stellt er fest, dass es ausgerechnet dort ein früherer Schulkamerad zu Reichtum gebracht hat, indem er in die Familie der alten Dame einheiraten konnte. Ein 17 Jahre altes Mädchen ist ertrunken, und die Großmutter glaubt nun, es handle sich um Mord.

Wie immer ermittelt Maigret, indem er herumschnüffelt, mit den Menschen spricht, ihnen unangenehme Fragen stellt und letztlich alle Details zu ihnen herausfindet. Dabei schafft es der Autor, die Familie, um die es geht, sehr klar und deutlich darzustellen – hinterher findet man einige Figuren richtig widerwärtig.

Der Roman ist durchaus komisch – was für die »Maigrets« eher selten ist. Die Vorstellung, dass der Kommissar als gemütlicher Rentner in der Provinz an seinen Rosen herumschnippelt, ist durchaus witzig. Auch Art und Weise, wie er mit seinem ehemaligen Schulkameraden kommuniziert, hat einen gewissen Humor.

Aber eigentlich ist das Buch reichlich depressiv: wohlhabende Menschen, die ihren Reichtum auf Betrug aufgebaut haben und mit dem Wohlstand nicht klar kommen; düstere Familienverhältnisse, die sich nur Stück um Stück entblättern; Menschen, die sich jahrzehntelang in gegenseitiger Abneigung verbunden sind. Wie immer beleuchtet Georges Simenon in diesem Roman das Elend der bürgerlichen Familie – das macht er meisterhaft, aber die Lektüre empfand ich nicht immer als einfach.

Geschmäcker sind verschieden, und dieser Roman führte mich durch ein Wechselbad der Gefühler: Anfangs fand ich ihn witzig, streckenweise zog sich die Ermittlung ein wenig dahin, am Ende ekelt man sich geradezu vor der Familie und ihrem Umfeld, in dem der Kommissar ermittelt.

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