30 April 2014

Active Minds von 1997

Seit den späten 80er-Jahren ist mir die britische Band Active Minds ein Begriff: Anarchopunk der heutzutage schon klassischen Art. Gesehen habe ich die Band in all den Jahren nie – dafür hörte ich mir dieser Tage ihre Langspielplatte ausm Jahr 1997 an; die trägt den Titel »Free To Be Chained« und ist sehr typisch für die Band.

Musikalisch wird gerumpelt und gerotzt, es ist vergleichsweise schlichter Punkrock, der auch noch echt matschig aufgenommen wurde. Manche Stücke sind schön melodisch, bei anderen wird nur geschrubbt; selten gibt es Einschläge elektronischer Musik. Für heutige Ohren ist das womöglich zu schlicht, andererseits handelt es sich halt um »ehrlichen« Punkrock ohne jeglichen Firlefanz, und das ist hundertprozentig okay.

Textlich ist die Band eh auf der richtigen Seite, und die Platte belegt das. Beim Anhören versteht man die Texte nicht unbedingt, dafür gibt es aber ein dickes Textheft. In diesem werden die Texte durch Artikel und Texte erläutert – wie das eben 15 Jahre davor Crass und andere Bands gemacht haben.

Dabei ist man durchaus szenekritisch, beispielsweise in »Young Fit Males« (es geht um die jungen sportlichen Männer, die auch in Autonomen Zentren den Ton angeben, auf der Straße wie im Konzert); ansonsten sind die Texte politisch und gesellschaftskritisch. Über Deathmetal-Fans spottet die Band in dem langen Stück »At War With Satanists« – alles in allem passt das alles zusammen.

Wer keinen Draht zu diesem typisch-schrammeligen Anarchopunk hat, wird diese Platte nicht sonderlich mögen; sie gehört auch nicht zu den besten Werken der Band. Aber auf ihre Art ist sie konsequent und gut.

Rezension zum »Redigierer«

Zuletzt schrieb ich im Februar 2014 – einigermaßen geschmeichelt – über das Buch, das zu meinem fünfzigsten Geburtstag erschienen ist. Es trägt den Titel »Der die Unsterblichen redigiert« und ist im Verlag p. machinery erschienen. Heute und hier nur der kurze Hinweis darauf, dass es jetzt auch eine schöne Rezension zu dem Buch gibt: Sie stammt von Ralf Boldt und wurde in der aktuellen Ausgabe 245 der »Andromeda Nachrichten« veröffentlicht.

Damit es sich lohnt, hat der Autor seine Rezension auch in den eigenen Blog gestellt. Dort kann sie jeder nachlesen. Das Fazit gefällt mir selbstverständlich: »Ein schönes Buch für jeden, der sich für SF interessiert.« Sehr schön!

29 April 2014

Bar der Orchideen

Costermano ist eine der vielen kleinen Städte, von denen es in Italien nur so wimmelt. Auf den ersten Blick liegt die Gemeinde recht unauffällig auf den Hängen oberhalb des Gardasees, einige wenige Kilometer von der Stadt Garda entfernt.

Eigentlich hat Costermano sogar zwei Zentren: ein klassisches mit Piazza und Kirche und ein modernes mit einer fiesen Asphaltfläche, die als Parkplatz genutzt wird, einer Durchfahrtstraße und einigen potthässlichen Gebäuden drumherum. Damit unterscheidet sich die Stadt auch nicht sehr von vielen anderen Kleinstädten in Italien.

Wenn man sich in der Stadt bewegt, kommt man aber unweigerlich auf diesen Platz, direkt an der Viale della Repubblica gelegen. Immerhin gibt es die eine oder andere Möglichkeit, einen knackigen Espresso zu trinken, und so strandeten wir im leichten März-Nieselregen in der Bar Orchidea.

Nach Blumen sah es weder davor noch innendrin aus. Der Eingang war schmucklos, die Fassade müsste man bei Gelegenheit renovieren, und die wenigen Möbel auf der winzigen Veranda machten den Eindruck, als würden sie nur von Rauchern genutzt.

Innendrin empfingen uns schlichte Stühle und Tische, die auf einem ebenso schlichten Fußboden standen. Im Hintergrund gab es die unvermeidliche Theke, hinter der eine Frau wirbelte; einige Männer saßen kartenspielend um einen Tisch und vervollständigten so das Ensemble.

Wir bestellten Süßigkeiten und Espresso – soweit reicht das Italienisch immer –, setzten uns damit an einen kleinen Tisch an der Vorderfront und schauten auf die Straße hinaus, während wir aßen und tranken und die weitere Reise planten. Das regelmäßige Zischen der Espressomaschine, die Gespräche der Kartenspieler, das gelegentliche Bimmeln der Tür, wenn ein Gast kam oder ging – das alles passte zusammen und sorgte für eine angenehme Reisestimmung.

Die Bar Orchidea ist sicher kein Highlight einer Italienreise und dürfte aus gutem Grund in kaum einem Reiseführer stehen. An diesem Tag aber war sie für uns optimal.

28 April 2014

Zielgruppe fest im Blick

Eigentlich finde ich es ja gut, wenn immer mehr Verlage E-Books aller Art veröffentlichen – in meiner Funktion als Redakteur einer Romanheftserie profitiere ich von jeder »Ausdehnung des Gesamtmarktes«. Bei manchen Verlagsankündigungen bin ich dennoch ein wenig verwundert. Im aktuellen Fall geht es um »feelings«, dem neuen Imprint von Droemer-Knaur.

Die neue E-Book-Tochter des Buchverlags beschäftigt sich mit Liebesromanen. Bei diesen Büchern geht es »richtig zur Sache«, es sei eine »zarte Annäherung garantiert, ungezügelte Leidenschaft nicht ausgeschlossen«. Schön ist, dass die neue Reihe auch als »emotional eBooks« bezeichnet wird. Es handle sich um »prickelnde Unterhaltung rund um Liebe, Romantik und Lust«.

Die Werbetexter-Prosa fabuliert von engen Gängen und versteckten Winkeln, bringt das ganze mit Erotik in Verbindung und macht auch sonst eine Reihe von stilistischen Verrenkungen: Eine genaue Lektüre lohnt sich ... und dann denken wir alle mal ein wenig darüber nach, welches Frauenbild wohl dahinter steckt.

Ein Maigret-Meisterwerk

Wie machte Georges Simenon das damals eigentlich? Die Situation konnte für einen Schriftsteller doch nicht gerade positiv sein: In Europa hatte der Zweite Weltkrieg begonnen, für Frankreich kam die Zeit der Besatzung, und der Autor saß an der Atlantikküste und schrieb ein Meisterwerk wie »Maigret contra Picpus«. Veröffentlicht wurde der Roman übrigens ebenfalls während der Kriegszeit: zwischen dem 11. Dezember 1941 und 21. Januar 1942.

Der Fall beginnt im Hochsommer: Ein Mann kündigt die Ermordung einer Wahrsagerin an, unterzeichnet mit »Picpus«, und die Polizei weiß sich nicht anders zu helfen, als alle Wahrsagerinnen in der Stadt zu überwachen. Aber es kommt, wie es in einem Krimi kommen muss: Eine Dame wird ermordet – und in ihrer Wohnung findet man einen Mann, der in der Küche eingeschlossen ist.

In der Folge entwickelt sich ein Fall, der sehr verwirrt ist, aber von Kommissar Maigret mit einer Mixtur aus Intuition und klassischer Polizeiarbeit aufgeklärt werden kann. Maigret findet heraus, warum der Mann eingeschlossen worden ist; er deckt ein Verwirrspiel auf, bei dem es um viel Geld, Erpressung und eine tragische Familiengeschichte geht.

Wie so oft, so zeichnet auch dieser »Maigret«-Krimi in meisterhafter Weise eine Milieustudie: eine seltsame Familie, bei der nichts zu stimmen scheint, eine schüchtern-verliebte Milchverkäuferin, eine Pension, die seit Jahren ausbezahlt wird und für die es sich auch lohnt, einen Mord zu begehen. Die Menschen sind entweder vertrottelt oder gemein, und Maigret macht sich fast einen Spaß darauf, hinter ihre Geheimnisse zu kommen.

Wenn man nicht weiß, wann der Roman entstanden ist, wirkt er durch die Schilderung flirrender Hitze bereits sehr mysteriös. Geradezu irritiertend wirkt er allerdings, wenn man sich die politischen Hintergründe klarmacht: Es marschieren keine deutschen Soldaten durch die Straßen von Paris, es gibt keinerlei Einschränkungen des persönlichen Lebens.

Simenon schrieb mit »Maigret contra Picpus« einen der besten »Maigret«-Romane – vielleicht gerade deshalb, weil er sich nicht um die politischen Verhältnisse kümmerte. Sein Kommissar interessiert sich für Verbrecher und ihre Motive, er beschäftigt sich nicht mit Krieg und Politik. Der Roman lässt sich auf jeden Fall in der heutigen Zeit noch mit großem Genuss und starker Fasziniation lesen – sehr spannend!

27 April 2014

Perspektiven nach dem Seminar

Was ich nach einem solchen Science-Fiction-Seminar – diesmal mit einem gewissen Horror-Schwerpunkt – in Wolfenbüttel immer ein wenig traurig finde: Da habe ich jetzt zweieinhalb Tage lang mit kreativen Leuten zu tun gehabt, habe deren Ideen und Texte gehört und gelesen und diskutiert, und dann geht man auseinander, und die Texte sind im schlimmsten Fall für immer völlig verloren.

Ich stellte mir an diesem Wochenende nicht zum ersten Mal die Frage, ob das nicht anders gelöst werden kann, und sprach mit einigen Seminarteilnehmern darüber. Vielleicht sollte ich ernsthaft darüber nachdenken, eine Anthologie mit Wolfenbüttel-Geschichten herauszugeben – nicht alle Geschichten selbstverständlich, aber jene, die so weit gediehen sind, dass man sie nach einer gründlichen Bearbeitung auch veröffentlichen kann.

Dafür benötigt man einen Verlag, wobei ich da durchaus Chancen sehe, man benötigt aber vor allem auch Zeit. Irgend jemand muss die Texte bearbeiten und zusammenstellen, von Autorenverträgen und Porträts ganz zu schweigen.

Aber womöglich wäre das eine starke Perspektive für die Autorinnen und Autoren: Ihre Texte versanden nicht irgendwie, sondern werden als gedrucktes Buch und/oder als E-Book auch der Außenwelt zur Verfügung gestellt.

26 April 2014

16 Texte unter der Lupe

Mein heutiger Arbeitstag an der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel – ich liebe diesen langen Namen! – hatte es in sich: Mit meinem Co-Dozenten Uwe Anton und Olaf Kutzmutz von der Akademie ging ich in die Textarbeit mit den 16 Autorinnen und Autoren, die zum Seminar gekommen waren. Jeder hatte eine Kurzgeschichte eingereicht, die einen phantastischen Inhalt haben musste, und selbstverständlich wollten wir alle Kurzgeschichten sehr genau besprechen.

Bei manchen Texten waren wir womöglich zu genau oder schweiften zu sehr ab. (Wobei die Frage durchaus interessant ist, inwiefern es das Persönlichkeitsrecht von Personen betrifft, wenn sie in einer fiktiven Geschichte vorkommen.) Das kostete viel Zeit, wenngleich ich es spannend fand.

Ab dem Nachmittag arbeiteten wir mit der Uhr: nicht mehr als zwanzig Minuten pro Kurzgeschichte – manchmal rutschten wir trotzdem über die selbstgesetzte Marke. Aber so kamen wir gut voran, besprachen einen Text nach dem anderen und hatten bis zum Abend alles geschafft.

Danach gab's noch eine letzte Textaufgabe, und der Feierabend rückte schlagartig näher. Den Ausklang des Seminartages bilden traditionell Bier und Wein und allerlei Gespräche.

25 April 2014

Illustre Seminarrunde

So bunt gemischt und gleichzeitig so anspruchsvoll kam mir die Seminarrunde in Wolfenbüttel schon lange nicht mehr vor. Seit dem heutigen Freitag nachmittag bin ich an der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel, wo ich zusammen mit dem Schriftsteller und Übersetzer Uwe Anton ein Seminar für Autorinnen und Autoren als Dozent begleiten darf.

Rechtsanwälte und Designer, Lehrerinnen und ein Landwirt, Texter und Programmierer – die Autorenrunde ist ein Querschnitt durch die Bevölkerung, der sicher nicht repräsentativ ist. Sie alle eint, dass sie gerne schreiben und dass sie ihre schriftstellerische Tätigkeit verbessern wollen, idealerweise soweit, dass sie auch Kurzgeschichten und Romane veröffentlichen können.

Der Freitag ist traditionell ein Aufwärmtag: Mit den Autorinnen und Autoren werden die Seminarregeln besprochen oder festgelegt, dann gehen wir daran, in einem Werkstattgespräch einige Hintergründe zur schriftstellerischen Arbeit und der Tätigkeit von Verlagen zu gehen. Nach dieser Einleitung geht es an die ersten Texte.

Schwerpunkt dieses Seminars, das wir unter den Oberbegriff »Zugespitzt« gestellt haben, ist übrigens die Spannung. Wir wollen gemeinsam mit den Teilnehmern herausfinden, was denn eigentlich Spannung ist, wie sie sich vermittelt und wie man daran arbeiten kann, dass die eigenen Texte spannender werden.

24 April 2014

Verwaltungsgericht gesucht

An diesem Donnerstag kam ich morgens wieder nur spät aus dem Haus und stolperte entsprechend müde über die Straße vor unserem Haus. Deshalb nahm ich den Mann, der mir winkend entgegen kam, viel zu spät war. Er sah ein wenig dunkelhäutig aus, vom Typ her hätte ich ihn auf einen Menschen türkischer oder arabischer Herkunft eingeschätzt; er war ein wenig korpulent, trug einen dezenten Bart und lächelte mir entgegen.

»Wo ist Verwaltungsgericht?«, fragte er in gutem, wenngleich stark akzentbehaftetem Deutsch. Er hielt mir sein Smartphone vor die Nase, wo ihm Google den Platz anzeigte, an dessen Ecke ich in diesem Augenblick stand.

Ich wusste es nicht, und das gab ich zu. Hilflos starrte ich auf den kleinen Bildschirm, den er mir zeigte. Es war die Hildapromenade eingezeigt, aber das Kreuz leuchtete an einer Stelle auf, wo garantiert kein Gericht war.

Aufgeregt zeigte er mir ein Schreiben. Es ging um eine Asylangelegenheit, und er musste wegen einer Verwaltungssache vor Gericht erscheinen. Als Adresse war die Hildapromenade angegeben. Das Smartphone hatte ihn dummerweise in eine falsche Richtung gelotst.

»Ich vermute, es ist da vorne«, sagte ich und wies in die Richtung, die ich vermutete. »Da beginnt die Hildapromenade, nicht hier, da muss dann die Hausnummer eins sein. Aber ich weiß es nicht.« Es war mir echt peinlich, und ich bat mehrmals um Entschuldigung.

Der Mann strahlte trotzdem vor Freude, versprach mir, an der nächsten Straßenecke noch einmal zu fragen, und eilte davon. Ich stand auf der Straße, sah ihm nach und schämte mich ein wenig: So wenig wusste ich von meiner Heimatstadt ...

23 April 2014

Ein berühmter Sohn

»Du bist ja einer der berühmten Söhne Freudenstadts«, erzählte mir ein Mann aus der Nachbarschaft freudenstrahlend. Ich schaute wohl irritiert, denn er fügte hinzu: »Wir waren in Freudenstadt, und wenn man schon mal da ist, guckt man da auch in die Wikipedia, und da bist du unter ›Persönlichkeiten‹ sowie ›Söhne und Töchter der Stadt‹ aufgeführt. Hast dich wohl selber eingetragen, was?«

Ich benötigte einige Zeit, um ihm klarzumachen, dass ich für diesen Eintrag nicht verantwortlich sei, dass ich 1975 durch Eingemeindung zu einem Bürger von Freudenstadt geworden sei und die Stadt 1992 verlassen habe. Seither habe ich – sieht man von Verwandtschafts-, Friedhofs- und Krankenhausbesuchen ab – mit der Stadt nicht mehr so viel zu schaffen.

Selbstverständlich las ich daraufhin den Wikipedia-Eintrag über die Stadt, in der ich viele Jahre verbracht hatte, sehr genau durch. Von 1988 bis 1992 hatte ich in direkter Nähe des Marktplatzes gewohnt, davor in einem Dorf außerhalb – und bei der Lektüre hatte ich zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder so ein »Heimatgefühl« beim Denken an Freudenstadt. Schon seltsam ...

Superspy noch mal gehört

Es gibt immer wieder Bands, die gehen spurlos unter. Eine dieser Bands ist Superspy – das waren sieben junge Schweizer, die aus einer Gemeinde namens Brunnen stammten und seit 2000 zusammenspielten.

Nachdem ich die CD »Gold Label De Luxe« kürzlich im Radio gespielt hatte, lief die zeitweise ununterbrochen bei mir im CD-Player des Autos. Über die Band selbst findet sich im Internet wenig, was ich schade finde – ich wollte schon gucken, ob ich weitere Tonträger von denen kaufen kann.

Weil ... was die sechs jungen Männer und die eine junge Frau von Superspy machen, ist schmissige, gelegentlich auch schunkelige Musik zwischen Ska, einem Schuss Punk und viel Pop, die gut ins Ohr und auch in die Beine geht. Die Bläsersätze knallen, die Sängerin hat eine gute Stimme, das ganze wirkt voller Spielfrude und Spaß.

Politische Texte findet man bei der Band nicht, dafür geht es häufig ums allgemeine Leben, den Spaß an Bier und Ska-Musik und auderen harmlosen Sachen. Die zwölf Stücke auf der CD haben teilweise Ohrwurm-Charakter, sind aber allesamt gelungen. Damit kann das Frühjahr 2014 gut weitergehen und meinetwegen auch bald der Sommer kommen.

Die Platte kam 2006 raus, eine Vinyl-Version habe ich nie gesehen, und live habe ich die Band auch nicht wahrgenommen. Eigentlich echt schade ...

22 April 2014

Peter mit Nummer 49

Mit den Arbeiten am »Peter Pank«-Mythos habe ich vor gut zwanzig Jahren angefangen – damals noch für das »Zap«-Fanzine, das es schon seit langem nicht mehr gibt. Seit vielen Jahren schreibe ich den Fortsetzungsroman um den manchmal arg planlosen Punkrocker Peter Meißner alias Peter Pank nun für das »Ox«-Fanzine, und in der aktuellen Nummer 113 ist der Fortsetzungsabschnitt Nummer 49 enthalten.

Es ist eine knallige Episode: Knallkörper explodieren im Wald, und der Held kriegt von einer Bande Skinheads unordentlich auf die Fresse. Am Ende steckt Peter Pank in einer aussichtslosen Situation, aus der ich ihn dann in Folge 50 irgendwie herausholen muss – glücklicherweise plane ich ja besser im voraus als mein Held ...

18 April 2014

Putzfrauengeschwader

Manchmal verwischen sich im eigenen Hirn ja die Erlebnisse, die man hatte, mit den Erlebnissen, die man gerne gehabt hätte. Das ist, soweit ich weiß, ganz normal und kein Grund, sich dafür zu schämen. Das erklärt, warum so viele Alt-68er glauben, sie seien mit Rudi Dutschke in der ersten Reihe gelaufen, und das erklärt auch, warum so viele Alt-Punks behaupten, sie hätten die Sex Pistols in London gesehen, zu einem Zeitpunkt wohlgemerkt, an dem die genannten Alt-Punks gerade mal im Kindergartenalter waren.

Bei mir wird's derzeit noch zusätzlich erschwert, weil ich an Kurzgeschichten arbeite, deren Grundlage häufig irgendwelche Texte aus meinem Fanzine ENPUNKT sind. Ganz aktuell: »Das Putzfrauengeschwader«. Lese ich den Text von damals, der ja sowieso nie eine seriöse Berichterstattung enthielt, hat er wenig mit meinen Erinnerungen zu tun.

Das einzige, was ich sinnvollerweise machen kann und auch tue: Ich nehme Bestandteile der Erinnerung und der Geschichte und mache kurzerhand etwas völlig Neues draus. Mit den wahren Begebenheiten hat das dann nichts mehr zu tun. Wenn dabei aber eine unterhaltsame Kurzgeschichte herauskommen sollte, ist mir das völlig recht.

17 April 2014

Brasilianer in der Hackerei

»Du bist der zwölfte«, wurde ich am Eingang der »Alten Hackerei« in Karlsruhe besucht. Am gestrigen Mittwoch, 16. April 2014, schienen sich nur wenige für den Auftritt der brasilianischen Band Statues On Fire zu interessieren. Die zahlenden Gäste und die Freunde des Hauses bildeten einen sehr überschaubaren Mob von maximal zwei Dutzend Leuten.

Das war schade, denn die Brasilianer ließen es ordentlich krachen. Vor allem der Sänger ließ sich nicht von unserer schlappen Stimmung beeindrucken und schmetterte seine Stücke voller Energie in den fast leeren Raum. Musikalisch lässt sich die Band nicht so klar eingrenzen: Manchmal ist es klassischer Punkrock mit Melodie und viel Gebretter, dann wieder machen die Gitarren einen Ausflug in die Metal- und Hardrock-Ecke, und gelegentlich scheint mir bei manchen Stücken eine Emo-Kante durchzubrechen.

Die Ansagen brachte die Band in englischer Sprache, die Texte selbst sind es ja auch. Und immerhin gaben die vier aus Südamerika gegen Ende noch eine Zugabe von drei Stücken – das war ja mehr, als wir an diesem Abend eigentlich verdient hatten. Aber die paar Besucher, die da waren, sahen auf jeden Fall eine richtig gute Band.

Ich bekam nach dem Konzert noch mein Brett weg. Der T-Shirt- und Plattenverkäufer entpuppte sich als alter Bekannter aus Köln, der bei diversen Bands trommelt. Er begrüßte mich mit den freundlichen Worten: »Du bist aber fett geworden.« Ich murmelte etwas von »bin schon alt«, schämte mich ausgiebig und gab mir hinterher auf dem Fahrrad besonders große Mühe, schnell und angestrengt zu strampeln.

16 April 2014

Fahrt nach Musandam

Bei Diba überquerten wir die Grenze zwischen dem Emirat Fujairah und dem nördlichen Teil des Oman; jetzt waren wir in Musandam, dem Gouvernement, das den nördlichsten Teil des Staates Oman bildete, eine Halbsinsel, von der man aus den Zugang zum Persischen Golf sperren könnte, wenn man wollte. Das hatten wir natürlich nicht vor ... in diesem November 2009 wollten wir stattdessen die Küste besichtigen.

Wir hatten die Fahrt ganz offiziell in Fujairah gebucht und mit einem örtlichen Reiseunternehmer angetreten. Mit uns fuhr eine bunte Mischung aus Russen, Engländern und Deutschen; der Fahrer des Minibusses verstand nur wenige Worte Englisch und schien auch sonst wenig gesprächig zu sein. Aber er brachte uns nach Diba, er schaffte uns über die Grenze, und in seiner Obhut erreichten wir auch den Hafen der kleinen Stadt.

Dort wurden wir auf eine Dhau gebeten, ein arabisches Segelschiff also, das allerdings zusätzlich mit einem Motor ausgestattet war – die Segel machten vor allem einen folkloristischen Eindruck. Mit diesem Schiff ging es an der Küste von Musandam entlang in Richtung Norden, vorbei an schroffen Steilküsten und kleinen Buchten.

Vögel schwirrten von ihren Nestern an der Steilküste auf, im kristallklaren Wasser sahen wir die Fische. Später ankerte das Schiff in einer Buch, wir schnorchelten und badeten, und als wir zurückkamen, gab's Falafel und Salat sowie irgendwelche Fruchtsäfte an Bord des Schiffes. Ich aß auch den Salat und hatte keinerlei Probleme, andere waren da ein wenig zimperlich.

Gemütlich ging es wieder zurück, wir dösten an Bord des Schiffes. Vor allem die Russen, die mit uns fuhren, wollten unbedingt fischen und angeln; sie nervten den Kapitän und die Besatzung, die teilweise nicht verstand, was die Reisenden von ihnen wollten.

Wir gammelten unter dem Sonnensegel am Deck, betrachteten träge die Landschaft, die treibenden Wolken am Himmel und das herrliche Wasser. Es war ein gemütlicher, ein sehr erholsamer und richtig schöner Tag in Musandam am Indischen Ozean ...

15 April 2014

Spannender Blick in die 60er-Jahre

»Kandidat Nixon hat das Niveau einer gebückten Kaulquappe. Das wird noch vielen wehtun, falls er nächstes Jahr drankommt.« Sarkastisch, klar und mit bestechender Logik: Carl Weissner war nicht nur Zeit seines Lebens ein hervorragender Übersetzer und Herausgeber, sondern auch ein Autor, der seine Inhalte auf den Punkt brachte.

Ein gelungenes Beispiel dafür ist das Buch »Die Abenteuer von Trashman«: Es wirkt auf den ersten Blick wie ein Roman, präsentiert aber »nur« Tagebuchnotizen Weissners aus den Jahren 1967/68, in denen der Student aus Heidelberg in New York unter Beatniks, Hippies und Musikern lebte. Das Buch erschien als Hardcover-Band im kleinen, aber feinen Milena-Verlag und ist hervorragend!

Weissner zieht durch die Bars von New York, er trifft sich mit Künstlern wie Andy Warhol, Musikern wie Janis Joplin oder Autoren wie William Burroughs, er geht zu einem »aufstrebenden Komiker« namens Al Pacino, der auf einer Bühne in Manhattan aufspielt – und all diese Begegnungen notiert er in kurzen Texten in seinem Tagebuch.

Er liest Zeitung, er geht auf politische Veranstaltungen, er beschreibt den Streik der Müllabfuhr und den politischen Aufruhr, der wegen des Vietnam-Kriegs das gesamte Land befällt – all das wird bei Weissner in kurzen Szenen zu spannender Literatur. Ich las das Buch in kleinen Dosen, immer mal wieder einige Seiten, und ließ mich einfangen von einer Zeit, in der New York wie ein brodelnder Moloch wirkt.

Man muss ein bisschen Ahnung von der beschriebenen Zeit, ihren Politikern und Künstlern haben, weil man sonst keine der Anspielungen versteht. Ich bin sicher, dass ich nicht alles kapiert habe, ich mochte aber den Blick auf die späten 60er-Jahre sehr.

Wie bisher glaubte, das sei vor allem eine Zeit gewesen, in der kiffende Hippies den Ton abgaben, sieht sich nach Lektüre dieses Buches eines besseren belehrt: eine eindrucksvolle Lektüre, spannender als mancher Roman!

14 April 2014

Stadionrock geguckt

Manches Wochenende verläuft geruhsamer als das andere; so richtig hektische Wochenenden mit viel Action habe ich seit einigen Jahren nicht mehr. Und so verbrachte ich auch dieses Wochenende nit mit viel Punkrock und Dosenbier, sondern eher mit gepflegtem Rotwein, leckerem Essen und mehr oder weniger intellektuellen Gesprächen.

Bis ich am Sonntagabend auf der Couch landete, mich kurz vor Mitternacht durchs Fernsehprogramm zappte und ausgerechnet im Öffentlich-Rechtlichen bei den Toten Hosen hängen blieb. Diese Band fand ich in den 80er-Jahren mal super und in den 90er-Jahren noch ganz gut, ich habe sie vor gut dreißig Jahren zum ersten und vor gut zwanzig Jahren zum letzten Mal gesehen.

Seit Jahren verfolge ich die Entwicklung der Band nicht mehr, weil es mich nicht so sehr interessiert und es in Sachen Punkrock seit etwa 1985 einfach bessere und spannendere Bands gibt. Nur muss ich jetzt feststellen: In Sachen Stadionrock sind die Toten Hosen einfach klasse.

Wie die ollen Düsseldorfer es schaffen, ein Publikum von mehreren zehntausend Leuten zu begeistern, das ist schon sensationell. Da muss ich nicht hin, das ist mir klar, aber ich kann jeden verstehen, der hingeht und die Band abfeiert. Mir reichte es an diesem Abend und in dieser Nacht dann doch vollauf, die Toten Hosen im Fernsehen anzugucken – und das wäre früher nie der Fall gewesen ...

13 April 2014

Zu viel Zeit zum Schreiben?

Warum ich denn meine Zeit damit verschwenden würde, Kurzgeschichten zu schreiben, die eh kaum jemand lesen wolle und mit denen ich garantiert kein Geld verdienen würde? Das wurde ich dieser Tage gefragt, als ich so ausplauderte, derzeit an einem Buch zu sitzen, das den hübschen Arbeitstitel »Chaos am Schlossplatz« trägt.

Ich versuchte es mit einem Bedürfnis zu erklären: Während andere Leute gern ins Schwimmbad gehen oder gern wandern, schreibe ich gern. Zwar habe ich dummerweise aus dem »Hobby« des Schreibens einen Beruf gemacht, aber es ändere ja nichts daran, dass ich schreiben und gern Geschichten erzählen würde. Damit habe ich als Kind schon angefangen, und weil ich so ein Kindskopf sei, käme ich davon nicht los.

Aber es sei ja brotlose Kunst, wurde mir entgegengehalten, ich solle doch etwas schreiben, mit dem ich Geld verdienen könne. Ich erzählte dann nicht die ganze Geschichte von meinem tollen Bestseller-Thema, das leider nie fertiggestellt und vor allem nie an einen Verlag verkauft werden konnte, sondern meinte, dass ich ja mein Geld damit verdienen würde, Romane zu veröffentlichen – nur eben nicht meine eigenen. Da sei es doch ein netter Ausgleich, auch mal Texte zu schreiben und zu veröffentlichen, die meine eigenen seien und mit denen meines Brotberufes nichts zu tun hätten.

Komplizierte Welt, ich weiß. Ich ging dann nicht zu sehr in die Details, rechtfertigte mich nur ein ganz kleines bisschen dafür, dass ich die Zeit so verschwenden würde, und wechselte das Thema.

Aber ich bekenne hiermit öffentlich: Mein Hobby ist das Schreiben. So. Das ist zwar kein so ein cooles Hobby wie »Geld-fürs-Tätowieren-Lassen« ausgeben und auch nicht so spießig-locker wie »Schrebergarten-anlegen-und-pflegen« oder so knallig wie »Motorradkaufen-und-damit-rumfahren«, aber immerhin ...

12 April 2014

Lautlose Bombe

Dass ich Hörspiele mag, ist einer Entwicklung der vergangenen Jahre geschuldet. Ich »musste« viele Hörspiele zu der Science-Fiction-Serie anhören, die ich redaktionell betreue, und in der Folge hörte ich mir auch viele an, die mich quasi beruflich interessierten. Dazu zählen die »Mark Brandis«-Hörspiele: eindeutig Science Fiction, eher in der nahen Zukunft angesiedelt, meist sehr gut.

Zuletzt hörte ich den Zweiteiler von »Lautlose Bombe«: Die Welt des Jahres 2131 ist durch eine besondere Art von Terrorismus bedroht – die lautlose Bombe ist im Prinzip ein Virencocktail, durch den Milliarden von Menschen sterben würden. Der Raumfahrer Mark Brandis ist praktisch der einzige, der zwischen dem Verderben und der Rettung steht.

Interessant sind die familiären Verwicklungen bei dieser Story: Brandis' eigene Frau ist kurz davor, an einer schrecklichen Virenerkrankung zu sterben, und der Terrorist ist sein Halbbruder. Zu allem Überfluss hat der Terrorist auch noch halbwegs nachvollziehbare Motive.

Die zwei Hörspiele, die bei Folgenreich erschienen sind, waren wieder einmal sehr spannend gemacht: supergute Dialoge, klasse erzeugte Geräusche. Die Handlung geht rasch voran, die Figuren verhalten sich nachvollziehbar, Spannung und ruhige Sequenzen wechseln sich ab.

Ich bin echt ein »Mark Brandis«-Fan: Früher mochte ich die Bücher, damals in den 70er-Jahren, heute stehe ich auf die Hörspiele. Finde ich gut ...

11 April 2014

M.U.D.D.A. sind Intellektül

Drei junge Männer aus München nennen sich Manu und die Drei Akkorde, kürzen sich mit M.U.D.D.A. ab und machen knackigen Punkrock zwischen Pop-Melodien und rotzigem Sound – ich habe dieser Tage zum ersten Mal die Platte »Intellektül« der Band gehört. Beinharten Punks wird das zu brav sein, der Pop-Generation wahrscheinlich zu krachig.

Die Band steht textlich in der spaßigen Ecke, allerdings nicht auf prollig-doofe Art, sondern eher witzig und augenzwinkernd. Auf der CD sind fünf Stücke enthalten, die schnell ins Ohr und in die Beine gehen. Das ist alles gut gemacht, mit Spaß und Spielfreude, und jetzt bin ich gespannt darauf, wie es weitergeht. Ich drück' mal die Daumen!

Phantastischer Film über eine surreale Welt

Ich habe den Roman »Der Schaum der Tage« nie gelesen. Meine Versuche, mich dem Werk des französischen Schriftstellers Boris Vian zu nähern, sind kläglich gescheitert. In Frankreich gilt der Mann als Kultautor, und »Der Schaum der Tage« gilt als sein Meisterwerk. Im vergangenen Jahr kam eine Neuverfilmung des Romans ins Kino, die ich allerdings verpasste – jetzt habe ich sie mir auf DVD angeschaut.

Verantwortlich für den Film ist Michel Gondry, der schon einen Oscar kassiert hat und dessen Film »Science Of Sleep« ich genial fand. Als Hauptdarsteller hat er Stars wie Romain Duris, Audrey Tatou und Omar Sy verpflichtet, die er durch eine absurde bis surreale Welt schickt – letztlich erzählt er aber eine unglaublich tragische Liebesgeschichte, bei der man am Ende eigentlich weinen möchte.

Die Bilder, die der Regisseur mit seinem Team findet, sind beeindruckend: Wenn getanzt wird, verlängern sich die Beine der Tanzenden in grotesker Weise. Die Türklingel ist ein herumkrabbelndes Insekt, das – nachdem man es erbost zerstört hat – in zahlreiche kleinere Insekten zerfällt, zur Tür zurückflitzt und sich dort wieder zusammensetzt.

Das Liebespaar lässt sich von einer Wolke über die Dächer von Paris tragen, während ein Kranführer dazu Musik von einer alten Schallplatte laufen lässt. Bei einem Picknick im Freien wird die Welt in zwei Hälften geteilt, exakt an einer Trennlinie: Auf der einen Seite scheint die Sonne, auf der anderen Seite regnet es in Strömen.

Als Zuschauer blieb mir nicht nur einmal der Mund vor Staunen offen stehen, ich war fasziniert von den Bildern und begeistert von der überschäumenden Phantasie der Filmproduzenten. Das ist Fantasy ohne jegliches Fantasy-Klischee, wie man sie bisher noch nie gesehen hat.

Allerdings hat der Film aber einfach seine Längen. Letztlich handelt es sich um eine tragische Liebesgeschichte, die in bizarren Szenen beginnt, über längere Strecken hinweg amüsant bleibt und dann immer düsterer wird. Während die junge Frau krank und kränker wird, während der junge Held die dümmsten Arbeiten annehmen muss, damit beide weiter durchhalten können, verändern sich die Bilder: Großzügige Wohnungen werden zu Müllhalden, der Film ist am Ende nur noch schwarzweiß.

Man muss den Film wohl nicht gesehen haben, die Längen nerven sicher den einen oder anderen auch – unterm Strich ist es aber ein beeindruckendes Werk mit vielen tollen Sequenzen. (Vielleicht sollte ich die Kinoversion mit eineinhalb Stunden empfehlen; ich schaute mir die komplette Zwei-Stunden-Version an ...) Aber Freunde des phantastischen Films sollten diesen Streifen mal auf die Liste der noch anzuguckenden Filme setzen und stattdessen lieber mal eine aktuelle Superhelden-Geschichte auslassen ...

10 April 2014

Zebra zum achtzehnten

Seit dreißig Jahren gibt es nun »Zebra«, das – laut Untertitel – »anspruchsvolle deutsche Comic-Magazin«. In den drei Jahrzehnten haben es die Macher auf gerade mal 18 Ausgaben gebracht, ich dürfte alle besitzen, und ich freue mich stets, wenn eine neue Überraschungssendung aus Köln bei mir eintrudelt.

In der aktuellen Ausgabe gibt es wieder genau das, was ich am »Zebra« mag: schlichte, aber stets gut gemachte Comics im klassischen Stil, professionell gezeichnet und getextet. Klar – die Macher haben sich ihren fannischen Geist bewahrt, sind aber längst als Profis in den unterschiedlichsten Bereichen aktiv.

Wer so wunderbar schräge Comics wie »Der Mann mit den zwei Köpfen« oder eine herrliche Science-Fiction-Geschichte wie »Alle Systeme okay« zeichnet und verlegt, der ist auf jeden Fall auf der guten Seite der Menschheit. Und möge da bitteschön auch bleiben.

Das Fanzine, das erfreulicherweise ohne jegliche Anzeige auskommt und damit wirklich unabhängig ist, gibt's bei guten Comic-Versendern und kann sicher in einem guten Comic-Fachgeschäft bestellt werden. (Die 52 Seiten im A4-Format kosten sechs Euro.) Wer im Fratzenbuch unterwegs ist, kann sich auch mithilfe des Begriffs »Zebra-Comics« zur richtigen Fanpage bewegen.

09 April 2014

Divakollektiv und ihr Futter

Dieser Tage kommt die erste Platte der Berliner Band Divakollektiv unter die Leute; ich bekam erfreulicherweise die CD schon einmal im voraus. Und je öfter ich sie anhörte, desto besser fand ich sie. Was die vier Punketten machen, ist rotziger und witziger Punkrock, nicht schreiend originell, aber stets gut gemacht und auf den Punkt gebracht.

Musikalisch klingt es manchmal wie der Punk der frühesten 80er-Jahre, dann gibt es Anleihen an die erste Platte von Wir sind Helden – was die Band jetzt sicher nicht so gern hören wird –, insgesamt ist ds ganze aber knallig und eigenständig genug. Auf Metal-Quatsch wird verzichtet, was ich super finde.

Textlich geht's um Saufen um den »chronischen Sozialterror«, um das Leben über dreißig und langjährige Beziehungen. Das Thema Gentrifizierung wird im rotzigen »Jetzt reicht's« auf den Punkt gebracht, mit »Delikat« hat die Band eine Hymne an kleine Punk-Konzerte geschrieben.

Kurzum: klasse gemacht – ich will mehr von der Band!

Ein Leben unter Toten

Wie man eine eigentlich völlig trashige Gruselheftserie so vertonen kann, dass die Hörspiele richtig Spaß machen, beweist das Team von Zaubermond Audio. Dennis Ehrhardt nimmt sich »John Sinclair«-Romane aus der Feder von Jason Dark vor, möbelt sie entsprechend auf und macht packende Hörspiele daraus.

Das merkte ich zuletzt bei »Ein Leben unter Toten«, in dem ein furchterregendes Altersheim der Schauplatz des Geschehens ist. Lady Sarah ist offenbar eine Figur, die in der Serie öfter auftritt – sie reist nach Schottland und quartiert sich in eine seltsame Altersresidenz ein. Alte Tonbänder laufen in den Zimmern, direkt neben dem Heim ist ein Friedhof, auf dem seltsame Vorbereitungen getroffen werden, alles ist höchst seltsam.

Glücklicherweise reist John Sinclair von Scotland Yard mit. Er bewahrt nicht nur Lady Sarah vor einem schrecklichen Ende, sondern löst auch den gruseligen Fall. Das Ganze ist gut gemacht, wird mit allerlei Geräuschen sehr packend umgesetzt und lässt selbst jemanden wie mich, der »John Sinclair« noch nie sonderlich mochte, nicht kalt.

Besonders witzig wird diese Folge 83 der Hörspielserie dadurch, dass es ein Crossover ist. Dorian Hunter aus der gleichnamigen Gruselserie taucht ebenfalls auf, und natürlich kommt es – wie in einem Comic-Crossover – zu einem Kampf des Dämonenkillers mit dem Geisterjäger.

Der Gag ist vor allem für Insider bestimmt, die sowohl »Dorian Hunter« als auch »John Sinclair« kennen und vor allem wissen, dass Zaubermond Audio beide Serien zu Hörspielen umsetzt. Ich fand's witzig, unter anderem deshalb, weil wieder einmal klar wurde, wie unsympathisch eigentlich Hunter ist – der Kerl ist Hauptfigur einer eigenen Serie und führt sich schon in dieser auf wie Mr. Großkotz persönlich.

»Ein Leben unter Toten« hat auf jeden Fall viel Spaß bereitet; die Umsetzung der trashigen Romanheftserie ist gelungen. Mehr davon ...

08 April 2014

Verlagsmethoden

Manchmal wundert man sich schon, dass sich anscheinend alles wiederholt. In der heutigen Ausgabe von »Spiegel Online« geht's um unseriöse Verlage; als Beispiel dient eine Frau, die offensichtlich betrogen worden ist. Dabei bleibt der Artikel recht seriös und klar, was man weder von »Spiegel Online« noch vom »Spiegel« selbst behaupten kann.

Ich erinnere mich an die 80er-Jahre, als das Thema immer wieder diskutiert wurde. In dem von einigen Freunden und mir publizierten Fanzine »Sagittarius« ging es schon früh um die Machenschaften der sogenannten Druckkostenzuschussverlage. Das ist jetzt dreißig Jahre her – es hat sich weder etwas an den Verlagen noch an den Kunden geändert. Schon seltsam ...

Knallige Sounds aus der Schweiz

In meiner Radiosendung am Sonntag, 6. April 2014, hatte ich nach langer Zeit mal wieder die Schweiz im Fokus. Auch wenn man es außerhalb des Landes kaum wahrnehmen möchte, hat die Alpenrepublik eine quirlige Musikszene, in der Punkrock und artverwandte Klänge schon seit den späten 70er-Jahren einen ordentlichen Stellenwert haben.

Ich spielte vor allem Platten, die in den Nuller-Jahren aufgenommen worden waren. Mit Überyou und Fondükotze hatte ich allerdings zwei Bands dabei, deren Tonträger ganz neu waren und die ich erst vor wenigen Monaten live gesehen hatte – das macht dann Spaß, so etwas zu spielen.

Ansonsten bollerte der melodische und zugleich kommerziell klingende Punk der Nuller-Jahre aus den Boxen. In jener Zeit waren Superspy mit ihrer Mixtur aus Punk und Ska und Glamrock oder A.F. mit ihrem Melodie-Sound oder auch Poison Ivy mit ihrer Punk- und Rock-Mischung recht erfolgreich. Ich stellte fest, dass ich die Bands echt mochte, trotz aller kommerzieller Attitüde; angehört hatte ich mir die Platten seit Jahren nicht mehr.

Ein wenig in die »Indie«-Richtung gingen zudem Keadaar, eine recht neue Band, und die guten alte Lombego Surfers, die es seit den 80er-Jahren gibt und die unverdrossen ihr Ding durchziehen. Ach ja, und es gab sogar Deutschpunk: Notausgang klingen, als seien sie aus den 80er-Jahren und Norddeutschland herübergeholt worden, spielten in Wirklichkeit aber in der Schweiz und in den 90er-Jahren.

Eine bunte Mischung also, die zumindest mir Spaß machte. Fragt sich nur, wie lange noch. Vielleicht mache ich bei meiner Radiosendung auch bald den Lanz ...

07 April 2014

Der FO mit 298

In seiner letzten Ausgabe, die er für das Fanzine »Fandom Observer« gestaltet hat, lässt es Florian Breitsameter als verantwortlicher Redakteur noch einmal krachen – er holt »alte« Mitarbeiter aus der Versenkung. Da darf Kurt S. Denkena als alter Fanzine-Rezensent ein letztes Mal über Fanzines schreiben und die PERRY RHODAN-Serie angreifen; Günther Freunek informiert über das Auto der Zukunft.

Der wichtigste Beitrag allerdings ist von Dirk van den Boom und trägt den schönen Titel »Mit Science Fiction reich und berühmt werden«. Der Autor erläutert, wie viel Fleiß man zum Erfolg benötigt, und erteilt der Kurzgeschichte eine kommerziell begründete Absage. »Zur Ökonomie eines Kleinverlagschriftstellers« ist sein Beitrag nicht ohne Ironie untertitelt – unterm Strich ein wichtiger und lesenswerter Artikel, der sich mit einem Thema beschäftigt, das viele Fans der phantastischen Literatur beschäftigen dürfte.

Wie immer bedauere ich es sehr, dass diese Ausgabe 298 eine der letzten überhaupt sein wird, die vom »Fandom Observer« erscheinen werden. Nach Nummer 300 ist Schluss – was ich verstehen kann, stimmt mich dennoch traurig. Deshalb empfehle ich: Ladet euch das Ding kostenfrei von der entsprechenden Internet-Seite herunter und feiert es noch ein wenig ab.

Wetten dass es langweilt

Es gibt allen Ernstes Leute, die erschüttert sind, weil jetzt die Schlussrunde für »Wetten, dass ...?« angekündigt wurde. Man spricht vom »Unterhaltungsdampfer«, beschwört noch einmal das »gemeinsame Lagerfeuer«, jammert über die früheren Erfolge oder beklagt, dass eine Sendung eingestellt wird, die noch über zwanzig Prozent Marktanteil erreicht.

Ich habe in meinem ganzen Leben nur ein einziges Mal versucht, eine »Wetten, dass ...«-Sendung anzuschauen. Das ist so lange her, dass noch Thomas Gottschalk als Moderator wirkte: irgendwann in den späten 90er- oder frühen Nuller-Jahren, als die Sendung von Karlsruhe aus produziert und ausgestrahlt wurde. Ich fand es doof und langweilig, nach einer halben Stunde oder knapp drüber gab ich auf.

Selbstverständlich fanden viele Leute die Sendung gut, zuletzt wurde sie immer noch von Millionen angeguckt. Aber offensichtlich sinkt das Interesse stückweise ins Bodenlose – also ist es okay, den Laden dichtzumachen. Alles stirbt irgendwann mal: wir Menschen sowieso, Atome zerbröseln irgendwann, also auch Fernsehsendungen.

Das »Gedöns« drumherum ist eher irritierend. Anscheinend ist diese Fernsehsendung über Jahre hinweg so wichtig geworden, dass man sich an ihr reibt, dass man über ihren Niedergang jahrelang schreiben und debattieren kann. Dabei bot »Wetten, dass ...« doch stets spießbürgerliche Unterhaltung, wenn ich's richtig kapiert habe, ein wenig gemütlich, ein wenig langweilig, selten aufregend und doch so gehalten, dass es Millionen mochten. Da gibt's echt schlimmeres ...

06 April 2014

Kotzreiz und Jungpunks

Punkrock wird seit etwa 1979 immer wieder aufs Neue für tot erklärt. Wenn man bedenkt, wie lange das her ist, hält sich die stinkende Leiche seit damals erstaunlich gut. Und dass all das Gerede vom toten Punk sowieso nur Geschwätz ist, davon konnte ich mich Freitag abend, 4. April 2014, in der »Alten Hackerei« überzeugen.

Als ich dort eintraf, fühlte ich mich wie in der Vergangenheit. Vor der Tür saßen Dutzende von Punks, viele davon sehr jung, die mitgebrachtes Bier leerten und Musik hörte, die aus irgendwelchen Rekordern dröhnte. Im Konzertraum selbst sah ich ebenfalls viele Punks, Nietenlederjacken und Irokesenfrisuren inklusive – wie in den frühen 80er-Jahren also.

Da ich spät gekommen war und viel Zeit mit Labern vor der Tür verbracht hatte, kam ich erst zur eigentlichen Hauptgruppe in die Punkrock-Kneipe hinein. Auf der Bühne standen Kotzreiz aus Berlin, drei junge Männer, die es ordentlich krachen ließen.

Geboten wurde Deutschpunk mit lustigen bis schlichten Texten: Arbeit ist doof, Saufen ist klasse, Pogo ist noch besser – so in etwa ließ sich die Botschaft der Band zusammenfassen. Und mit einem Stück wie »Arbeit bleibt Scheiße, Punk bleibt Punk« trifft man auf jeden Fall den Nagel auf dem Kopf.

Das Publikum ging enthusiastisch mit: Es wurde eifrig gepogt, die Punks sangen die Stücke sehr textsicher mit – okay, das war angesichts manch sehr griffiger Texte nicht sooo schwierig. Bier spritzte, gelegentlich ging etwas zu Bruch, aber der Pogo blieb sehr friedlich und bei aller Knalligkeit sehr fair.

Insgesamt herrschte eine großartige Stimmung, die sich ruckzuck auf mich übertrug. Ich bekam ein fröhliches Grinsen nicht aus dem Gesicht und amüsierte mich bis lange nach Mitternacht königlich. Bei solchen Bands und bei einem solchen Publikum mache ich mir über die Zukunft von Punkrock erst mal keine Sorgen.

05 April 2014

Kurt zum zwanzigsten

Heute vor zwanzig Jahren starb Kurt Cobain, der Sänger der Grunge-Rock-Band Nirvana. Es gibt Leute, die sind darüber fürchterlich betroffen, und in der Tat ist es stets traurig, wenn sich jemand in so jungen Jahren selbst tötet. Mich trifft es nicht sonderlich, aber ... im Nachhinein muss selbst ich anerkennen, dass Nirvana eine gute Band war.

Anfangs erkannte ich das nicht. Als man mir zum ersten Mal Musik dieser Band vorspielte – im Musik-Café im Jugendzentrum »Murgtäler Hof« in Freudenstadt, wie es sich gehört, von einer Kassette –, fand ich das nicht ansprechend. Für mich war das eher Hardrock, und das fand ich langweilig.

Grunge war anfangs vor allem von Musik-Fanzines propagiert worden, die ich auch las. Im »Trust«, damals noch aus Augsburg, heute aus Bremen, wurden oft Grunge-Bands abgefeiert; im Prinzip las sich das so, als hätten sich Hardcore-Leute die Haare wachsen lassen und sich Gitarrensoli angewöhnt. Für mich war das nichts. Als der musikalische Durchbruch kam, nervte es mich eher.

Und so hatte ich stets mit Nirvana meine Probleme. Ich kaufte einige Singles der Band, die ich seitdem wohl kaum noch angehört habe – das sollte ich ändern –, aber die großen und wichtigen Platten besitze ich nicht. Dabei schrieb Cobain mit »Smells Like Teen Spirit« ein Stück, das für viele Leute vor zwanzig Jahren wohl ähnlich wichtig war wie für mich irgendwann mal »No Future« von den Sex Pistols.

Das ist jetzt alles zwanzig Jahre her, und Nirvana sind Geschichte. Kurt Cobain ist zu früh gestorben, und es wäre spannend, sich vorzustellen, wie es mit ihm und der Band weitergegangen wäre. Ich kann diejenigen verstehen, die heute um einen charismatischen und für seine Zeit sehr wichtigen Musiker trauern.

04 April 2014

Weinkontor an neuem Ort

In den vergangenen Jahren war das »Weinkontor« immer wieder eine hervorragende Adresse für uns: Man fuhr auf die andere Rheinseite, steuerte die kleine Landgemeinde Mörzheim an, die zu der Kreisstadt Landau gehört, um dort in einem alten Gewölbekeller sehr lecker zu essen und zu trinken. Für den Autofahrer – meist war ich das – nicht unbedingt immer optimal war die schöne Wein-Auswahl; auch angesichts der kurvenreichen Straßen heißt es da ja, nüchtern zu bleiben.

Jetzt aber ist das Restaurant umgezogen: raus aus dem Dorf, rein in die Stadt. Im Süden von Landau wird derzeit ein riesiges Kasernenareal umgebaut. Ehemalige Panzerhallen, ehemalige Güterbahnhofsgebäude und riesige Offiziershäuser werden in Wohnungen und dergleichen ungestaltet, dazu wird ein Teil des Geländes für eine Landesgartenschau genutzt. In diesem Areal hat sich jetzt das »Weinkontor« angesiedelt, und wir waren kürzlich da.

Das Gebäude, in dem das Restaurant untergebracht ist, nennt »Null 41« und ist derzeit noch eine Baustelle; wenn das alles mal fertig ist, wird es super aussehen. Das Restaurant selbst wurde stark ins Moderne aufgehübscht: kein Keller mehr, sondern alles licht und hell und modern. Von der Glasfront zur schicken Bar, vom Holzboden zu den Lampen – das passt alles gut zusammen.

Glücklicherweise hat die Qualität des Essens nicht gelitten. Nicht immer sind Modernisierungen erfolgreich, hier aber scheint man es wirklich hingekriegt zu haben, die guten Dinge zu erhalten und die neuen Dinge erfolgreich zu integrieren. Unsere Essen schmeckten gut, und wir waren uns sicher, bald wieder nach Landau zu fahren.

Dann übrigens vielleicht mal mit der Bahn – dem Autofahrer zuliebe. Der Bahnhof ist keinen Kilometer entfernt ...

03 April 2014

Sexistische Werbung?

Ich weiß: Sexistische Werbung ist uncool, und welchen Charakter jetzt Sexismus annimmt, ist diskussionswürdig. Aber die aktuelle Werbung der Unterwäschemarke Hoodies, den die Agentur Awesome aus Tel Aviv für den israelischen Fernsehmarkt gedreht hat, ist echt cool.

Die blonde Dame in dem Strip ist Bar Refaeli, eine gebürtige Israelin, der Schnauzbartträger trägt den hübschen Namen Red Orbach und hat selbst eine eigene Fernsehshow. Und zumindest ist diese Werbung, die in Israel übrigen erst nach 22 Uhr gezeigt werden darf, auch noch höchst amüsant und ironisch. Na also.

Mystery Press im März

Ob man bei der »MysteryPress« noch von einem Fanzine sprechen kann, bezweifle ich ja – aber ich finde das »exklusive Magazin für Zaubermond-Fans« echt gut und lese es meist komplett durch. Dabei bin ich nicht gerade ein Fan von Serien wie »Tony Ballard« – aber diese olle Gruselserie wird jetzt auch in der Hardcover-Form  eingestellt (und dann bedauere ich es doch).

Die aktuelle »MysteryPress«-Ausgabe vom März 2014 ist ein gutes Beispiel für eine gelungene Ausgabe.Auf zwölf Seiten im A4-Format, schön illustriert und farbig gedruckt, gibt's allerlei News, aber vor allem lesenswerte Berichte. So finde ich die Hintergründe zu den Sprecheraufnahmen der von mir geliebten »Dorian Hunter«-Hörspiele höchst interessant, dazu kommen Interviews mit dem Fantasy-Autor Kai Meyer und den Machern des aktuellen Edgar-Wallace-Theaterhörspiels.

Ich liebe es, das Magazin in gedruckter Form zu lesen, finde aber sehr gut, dass man es auch kostenlos herunterladen kann. Die PDF-Version gibt's auf der Internet-Seite des Zaubermond-Verlages ... und den Besuch empfehle ich denjenigen, die phantastische Literatur und Hörspiele mögen.

02 April 2014

Zwischen Größenwahn und Selbstmordsucht

DBC Pierre gilt seit einigen Jahren als neuer und interessanter Autor der englischsprachigen Literaturszene – das machte mich neugierig. Zuletzt las ich seinen Roman »Das Buch Gabriel«, nach dessen Lektüre ich mir vornahm, mir auch die anderen Bücher des Schriftstellers zu besorgen. Der Mann kann verdammt gut schreiben, er hat eine ziemlich kranke Phantasie, und sein Roman frisst sich einem wirklich ins Hirn.

Held des Romans ist ein gewisser Gabriel Brockwell – deshalb auch der seltsam klingende Titel der deutschen Ausgabe. Gabriel möchte eigentlich Selbstmord begehen, doch auf dem Weg zu dieser Tat muss er eine Reihe von bizarren Aufgaben erledigen, die ihn am Ende zum stillgelegten Fluggelände von Berlin-Tempelhof bringen.

Eigentlich will sich Gabriel bereits in Tokio umbringen, doch dummerweise vergiftet sein Freund Smut einen japanischen Gangster und steckt nun in massiven Nöten. Gabriel bricht zu einer wahnwitzigen Reise nach Berlin auf, in deren Verlauf er versucht, die perfekte Orgie zu organisieren – ausgerechnet in den uralten Hallen von Tempelhof.

Was sich nach einem klar definierten Plot anhört, wird in »Das Buch Gabriel« zu einer Abfolge von irrwitzigen Szenen und unglaublichen Abschweifungen. Die Handlung springt hin und her, mal in die Vergangenheit, dann in die Theorie der Ausschweifung, dann in eine mögliche Zukunft.

Ganz nebenbei entsteht ein ziemlich geniales Berlin-Porträt, das mich überrascht: Offensichtlich muss man in Australien geboren und in Mexiko aufgewachsen sein, um Deutschlands einzige Metropole vernünftig – also recht schräg – zu charakterisieren.

Ich habe DBC Pierre noch nie im Original gelesen, werde es wohl auch nie tun. Nach Lektüre von »Das Buch Gabriel« habe ich größtmöglichen Respekt vor der Übersetzerin, die den komplexen Stil mit all seinen Nebensätzen und schwierigen Satzkaskaden in ein krasses Deutsch übertragen hat.

Der Roman ist cool, er dürfte nicht jedermanns Geschmack sein, und ich las ihn nicht gerade im Hauruck-Tempo durch. Mal wirkt er wie eine Krimi-Klamotte, dann wieder wie ein hochliterarisches Experiment – immer aber ist er an der Grenze zwischen genial und durchgedreht.

Völlig bescheuert an diesem Buch ist allerdings die Tatsache, dass die Hardcover-Ausgabe, die ich gelesen habe und die man noch gut im Secondhand-Geschäft finden kann, eigentlich verlagsvergriffen ist – klar, Eichborn ist pleitegegangen und wurde an Lübbe verkauft –, es keine Taschenbuchversion gibt und das E-Book derart teuer ist, dass es einem die Sprache verschlägt.

01 April 2014

Rubbermaids glamten aus Hamburg

1990/91 war von der neuen Deutschpunk-Welle noch wenig zu sehen, in den Jugendzentren und besetzten Häusern Westdeutschlands herrschte vor allem Hardcore-Punk vor. In dieser Zeit kamen die Rubbermaids aus Hamburg und lieferten einen hochmelodischen Punkrock, der mir manchmal ein wenig zuviel Rock-Anteile enthielt. Live überzeugte die Band; mir ist vor allem ein Konzert in Herrenberg in sehr guter Erinnerung.

Ihre Platte »Twisted Chords« kam 1991 heraus, klang überhaupt nicht nach Hardcore und anderen angesagten Stilrichtungen, sondern lieferte Melodien, die man heute in die Glampunk-Richtung stecken würde, ausuferndes Gitarrenspiel, gelegentlich kurze Pogo-Kracher, aber ansonsten eher gemütlichen Sound im mittleren Tempo.

Mit »Rubberskin« und »Rosie's Bar« – eine Ode an die Stammkneipe der Band – lieferten die Rubbermaids auf dieser Platte ihre zwei Hits ab, die sie bei allen Konzerten gern spielten und die sich auch bei weiteren Aufnahmen der Band finden lassen. Schau ich heute auf die Band und die Platte zurück, bleiben eigentlich auch nur diese zwei Stücke hängen; es ist weder eine Band noch eine Platte, die man kennen muss.