15 Februar 2012

Comic mit Steampunk- und Tierfantasy-Charme


In einem Comic-Laden in London stachen sie mir buchstäblich ins Auge: zwei Hardcover-Bände mit rotem Umschlag, die Innenseiten sensationell farbig und auf tollem Papier gedruckt – es waren die Comics »Grandville« sowie »Grandville Mon Amour«, beide geschrieben und gezeichnet von Bryan Talbot.

Erstmals aufmerksam geworden war ich auf Bryan Talbot bereits in den neunziger Jahren, als ich die vierbändige Comic-Serie »The Tale of One Bad Rat« gekauft hatte, damals in vier wunderschönen Heften. Das ganze gibt's mittlerweile auch als deutschsprachiges Paperback, und ich finde den Comic um ein Mädchen, das vor seinen Eltern flieht, immer noch beeindruckend. Der Begriff »Graphic Novel« passt hier: Es ging und geht um Kindesmisshandlung und die Macht der Poesie, nicht um irgendwelche Superhelden ...

Dieses »Grandville« ging jetzt in eine ganz andere Richtung – aber ich war nach dem ersten Durchblättern angefixt und kaufte mir kurzerhand beide Bände. Mittlerweile habe ich sie auch gelesen.

Ich bin begeistert, und ich fände es richtig klasse, wenn sich ein deutscher Verlag dazu entscheiden könnte, die zwei Bände in einer deutschsprachigen Ausgabe auf den Markt zu bringen. Es handelt sich dabei um eine phantastische Comic-Welt, in der sprechende Tiere die Hauptrolle spielen, das Dekor aber gleichzeitig eher in die Steampunk-Richtung geht.

Der Hintergrund: Im 19. Jahrhundert haben es die Engländer endlich geschafft, sich von der französischen Tyrannei zu befreien; in diesem Befreiungskrieg gab es haufenweise Greueltaten, und das Verhältnis zwischen Franzosen und Engländern ist seitdem vergiftet.

Detective Inspector LeBrock, ein aufrechtgehender Hund, und sein Begleiter, eine Ratte namens Roderick Ratzi, werden von Scotland Yard für einen ungewöhnlichen Fall nach Grandville geschickt – also direkt nach Paris. Sie verlassen die Sozialistische Republik von Britannien und nehmen ihre Arbeit in der Hauptstadt des Feindes auf.

Die Handlung des Comics selbst ist ein lupenreiner Krimi – in beiden Fällen. Die beiden Polizisten ermitteln im Politik- oder im Prostituierten-Milieu; sie gehen durchaus mit der Faust oder mit der Schusswaffe in den Einsatz, und an Brutalität wird nicht gespart. Schön sind gelegentliche Anspielungen, etwa auf die Comic-Messe in Angouleme.

Beeindruckt hat mich die Optik des Comics: verschnörkeles Messing in den Gebäuden, eine riesige Eisenbahnbrücke über den Ärmelkanal, seltsam altmodisch wirkende Roboter – das ist alles toll gemacht und gibt dem Comic eine großartige Optik. Spitze!

Wer mehr wissen will, geht auf die Seite des Künstlers; dort gibt es einen speziellen »Grandville«-Bereich. In dem kann man sich Youtube-Filmchen angucken und vor allem Bilder in schöner Auflösung betrachten. Das lohnt sich – und jeder wird hoffentlich verstehen, warum ich der Serie eine lange Lebensdauer und auch einen deutschen Verlag wünsche!

1 Kommentar:

Frank Böhmert hat gesagt…

ONE BAD RAT war großartig, ja.