13 Oktober 2010

Erschütternd und peinlich

In den 70er Jahren machte die Band Franz K sogenannten Deutsch-Rock, gerne auch mit Adjektiven wie »authentisch« versehen. Vielleicht hätte man die Mitglieder der Band dazu ermuntern sollen, sich auf den Lorbeeren der 70er Jahre auszuruhen – wenn ich mir ihre Single »Wir wollen Bonn« anhöre, weiß ich nicht, ob ich hysterisch lachen oder besinnungslos weinen soll.

Dabei ist die Musik der alten Herren, die sich durch einen ehemaligen Extrabreit-Mitspieler verstärkt haben, gar nicht mal so schrecklich: Es ist halt Hardrock, wie man ihn vor allem in den 80er Jahren gern gespielt hat, irgendein Querschnitt aus Boston und Styx, aus Wolf Maahn und Bap – alles in allem kreuzlangweilig gespielt und garantiert ohne jegliche Überraschung. Das muss nicht schlimm sein, schließlich höre ich ja auch gern Punkrock, und bei dem gibt's seit 1981 nicht mehr viel neues zu vermelden.

Blöd sind allerdings die Texte. Auf der CD-Single phantasiert die Band vor sich hin: »Wenn ich Bundeskanzler wäre, das wäre toll ...« Denn: »Wir wollen Bonn wieder als Hauptstadt / es war so schön am Rhein / da war alles in Ordnung ...« und so weiter.
Wahrscheinlich ist das kein rückwärtsgewandter Mist, sondern ernst gemeinte Ironie. Aber als solche funktioniert es nicht, vor allem angesichts weiterer Schunkelreime: »Berlin ist außer Rand und Band / irgendwas läuft hier verkehrt in unserem bundesdeutschen Land«, meint die Band, und so richtig klar ist mir nicht, was die meinen.

Wünscht man sich ironisch oder ernsthaft die 80er Jahre mit Helmut Kohl am Rhein zurück? Findet man »Kopftuchmädchen« in Berlin schrecklich, oder mag man die hektische neue Zeit einfach nicht? Oder ist das einfach nur der Versuch, angepeilte Zielgruppe der Männer über 45 in ihren Ängsten abzuholen, wie das auch Sarrazin und andere bürgerliche Angstprediger machen?

Keine Ahnung. Die Platte taugt meiner Ansicht nach eher als Satire. Aber ...

... es passt ins Bild, dass die Platte auf einem Sony-Unterlabel erschienen ist. Der Industrie fällt nichts neues mehr ein, und wahrscheinlich glaubt man, dass die einzigen, die so was kaufen werden, eben die alten Fans sind. Die sind in den Überlegungen der Musikindustrie womöglich die einzigen, die noch regulär Geld für eine CD ausgeben und sich keine einzelnen Stücke downloaden. Bei dieser Platte ist der Kauf einer CD allerdings auf jeden Fall verschwendet ...

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