31 Dezember 2005

Zum Jahresende: Wassertänzer

Ein zerrissener Schleier aus Wasser
wölbt sich als großer Bogen über die
Autobahn jenseits des Abgrunds der Städte.
Gedanken rasen durch Feuchtes,
Blitzen gleich, die unaufhörlich drohen
und schreien und kreischen,
die Luft aufreißen und zum Kochen bringen.

Traumtänzer ziehen ihre Kreise am Mittelstreifen,
ein endloser Tanz zwischen Tod und Tempi,
kein Blick für das rasende Blech im Regen,
im Prasseln von Wasser, Wind und Schaum.
Kein Gedanke frei für das Leben in Freiheit,
zielgerichteter Tanz in eine Ewigkeit ohne Grenzen,
unter einem Himmel des Grell-Lichtes.

Abgeschäumter Dampf brodelt empor
in einem Wirbel unaufhörlicher Energie,
kochend über dem heißen Asphalt,
wartend auf das Ende zwischen Wolken und Licht
und zwischen aller Erden Herrlichkeit,
Engeln gleich in jenseitigen Gefilden,
und dorthin weiter tanzend.

30 Dezember 2005

Fettes Lob aus Leipzig


Als »echter Held« werde ich selten bezeichnet. Fairerweise muß man auch sagen, daß ich keiner bin. Kein Held, meine ich.

Trotzdem habe ich mich tierisch gefreut, als dieser Tage ein Belegexemplar der Zeitschrift BLITZ! ins Haus flatterte. In der Dezemberausgabe wurde mein Kurzroman »Die Jenseitsinsel« besprochen, sehr positiv auch noch.

Ich hänge hier mal einen Scan der entsprechenden Rezension an. Über das »Gut gemacht, Eins, setzen!« freue ich mich immer noch wie ein kleines Kind.

Der Meister des Chaos

Ich erinnere mich noch einigermaßen daran, wie wir uns im Jahr 1980 auf dem PERRY RHODAN-WeltCon kennenlernten. Und ich erinnere mich noch ziemlich gut daran, wie Karl Nagel und ich uns in den 80er Jahren wieder entdeckten: in einer Szene, in der junge Leute zu krachiger Musik seltsame Tänze in irgendwelchen Jugendzentren aufführten.

Science Fiction, Punkrock, Comics, Chaostage, Pogo-Anarchie – es gibt haufenweise Berührungspunkte zwischen Karl Nagel und mir.

Umso besser, daß er sich jetzt mit einer eigenen Homepage wieder zurückgemeldet hat. Es gibt ein umfangreiches Archiv, in dem er alte Materialien zur Verfügung stellt. Und es gibt die großartige Rubrik »Idiotenklavier«, in der ein 45 Jahre alter Mann über seine Vergangenheit schreibt – jedes Jahr in einer Kolumne, alle paar Tage einen neuen Text.

Das ist großes Lese-Abenteuer! Nicht unbedingt lustig, aber auch nicht jammernd. Und vor allem lesenswert. Mein Tip zum Jahreswechsel.

29 Dezember 2005

Wortwiederholungen

»So langsam verstehe ich dich«, sagte sie irgendwann und blickte von dem Manuskript auf. Als ich sie fragend anblickte, fügte sie hinzu: »Wenn du auf deine Autoren schimpfst, weil sie schlampige Manuskripte liefern.«

Ich wußte, was kommen würde. Sie hatte ja so recht.

»Dein Manuskript ist teilweise so schlampig, das gibt's gar nicht. Schlampig geschrieben, schlampig lektoriert.«

Lektoratsarbeit in unserer gemeinsamen Wohnung: Meine Freundin und ich arbeiten gemeinsam am Manuskript von »Chaos en France«, das zur Leipziger Buchmesse erscheinen soll. Damit das Buch einigermaßen lesbar ist, müssen die einzelnen Folgen, die im Laufe der Jahre im OX erschienen sind, gründlich lektoriert werden.

Wiederholungen einzelner Worte. Formulierungen, die wortwörtlich immer wieder auftauchen. Miese Dialoge. Schlechte Beschreibungen.

Es ist ein einziges Grauen. Ich ärgere mich selbst jeden Abend über den Autor, dessen Text ich dann am Computer ins Reine bringe.

Dummerweise bin ich's selbst. Lektorieren (oder: laborieren?) am eigenen Text ist einfach kein Zuckerschlecken, sondern fiese Arbeit.

28 Dezember 2005

Der Winter ist da!

Als ich heute morgen aus dem Fenster blickte, freute ich mich: Schnee überall. Ununterbrochen fielen weiße Flocken aus dem hellgrauen Himmel; als weiße Fläche zeigte sich der Park vor unserer Wohnung, nicht einmal die Straßen waren geräumt.

Mein Auto war tief verschneit, weshalb ich es erst einmal von der weißen Pracht befreien mußte. Die Eisschicht darunter ärgerte mich zwar, ging aber recht gut weg. Und dann hieß es, über schlecht oder gar nicht geräumte Straßen zur Arbeit zu fahren.

Mit einem BMW ...

Weia!

Schon in der ersten Kurve rutschten die Hinterräder meines tollen neuen Dienstwagens hinten weg. Spurwechsel auf der vierspurigen Landstraße wurden richtig spannend. Und ein kleines Abbremsen geriet sofort zur Rutschparty. Nicht nur einmal wünschte ich mir in solchen Fällen meinen alten VW-Käfer zurück.

Trotzdem hatte ich einen Riesenspaß. Auf der Autobahn fuhr ich zeitweise trotzige hundert Stundenkilometer, vorbei an LKW-Kolonnen. Aus den Boxen dröhnte Wasted, die aus Finnland stammende Band mit ihrem großartigen Pogo-Punk.

So läßt sich der Winter aushalten.

Die Jenseitsinsel - rezensiert

Eine schöne Besprechung zu meiner Fantasy-Erzählung »Die Jenseitsinsel« gibt es im Fanzine TERRACOM 83. Dieses Fanzine ist nur auf elektronischem Weg zu erhalten, sprich, man kann es sich von der entsprechenden Homepage herunterladen. Ich mag das TERRACOM, obwohl es sehr kritisch mit den Ergebnissen »meiner« Arbeit umgeht. Da die Kritik aber stets fundiert ist, kann ich auch mit heftigen Verrissen aktueller Romane durchaus leben.

Selbstverständlich freue ich mich am meisten, wenn es Lob gibt – in diesem Fall von Stefan Friedrich, der auf den PDF-Seiten 41 und 42 der »Low-Level-Version« unter anderem folgendes zu meiner Erzählung schreibt:

Geschickt baut der Autor die düstere Stimmung auf, die auf der Insel herrscht. Die Rätsel, die sich auf dem Handlungsschauplatz auftun, werden interessant geschildert und vor allem auch schlüssig aufgelöst. (...)

Die Handlung weiß gut und spannend zu unterhalten, die Personen sind überzeugend charakterisiert. Auch stilistisch hat mit die Erzählung gut gefallen. Im gesamten Text sind mir zudem gerade mal zwei Tippfehler und eine unschöne Wortwiederholung aufgefallen. Nicht nur in dieser Hinsicht merkt man, dass Klaus gewohnt ist, professionell zu arbeiten.

Fazit: Obwohl ich eigentlich kein Fantasy-Fan bin, hat mir die Erzählung von Klaus N. Frick wirklich gut gefallen. All denjenigen, die es interessiert, was der PR-Chefredakteur in seiner Freizeit so schreibt, kann ich »Die Jenseitsinsel« nur nachdrücklich empfehlen. Die Erzählung kann locker mit den Werken von professionellen Heftromanautoren mithalten.

27 Dezember 2005

Zeichen und Wunder?

Zwischen den Feiertagen scheint auch das widerliche Pack, das uns regiert, stellenweise zu Vernunft zu kommen. »Wer stärkere Schultern hat, soll mehr tragen als jene mit den schwachen Schultern.« Das sagt ausgerechnet Volker Kauder, der Chef der CDU-Bundestagsfraktion, die in den letzten Jahren viel Freude dabei hatte, in Sachen Gesundheit die Arbeitnehmer stärker zu belasten, um den Gewinn der Unternehmen weiter zu erhöhen.

Setzt etwa ein Umdenken ein? Erkennen die Regierenden, daß ihre Politik zu mehr Frust führt? Gibt es etwa so etwas wie eine neue Moral?

Im Finanzfachblatt »Bild« äußert sich gar Bundeswirtschaftsminister Michael Glos – der Mann von der CSU – zu Lohnerhöhungen und zur Binnenkonjunktur. Verblüfft stellte ich dabei fest, daß der Mann anscheinend einige Fachausdrücke beherrscht. (Damit hat er wahrscheinlich mehr Ahnung von seinem Metier als beispielsweise der amtierende Umweltminister von der SPD, der offensichtlich nur das weiß, was er bei seiner Zeit als Lobbyist der Autoindustrie gelernt hat ...).

»Wesentliche Teile unserer Wirtschaft wie Einzelhandel und Handwerk sind auch auf kaufkräftige Nachfrage angewiesen. Die Menschen müssen deshalb für gute Arbeit gutes Geld verdienen und es dann auch ausgeben können.« So argumentiert Michael Glos.

Neue Einsicht? Weihnachtlicher Glückstaumel? Das Schielen auf Wählerstimmen?

Oder nur ein Versehen?

Ausgerechnet die Kölner Frohnatur von der SPD, die Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (Angelas beste Waffe gegen die Sozialdemokraten), stellt die Verhältnisse heute wieder klar: »Jeder will mehr Geld haben. Die Patienten wollen alles finanziert haben, auch wenn nicht sicher ist, ob es wirklich nutzt.«

Na also. Alles klar. Die Patienten sind schuld. Und ich bin erleichtert: Politiker schwätzen wie gehabt, alles nur ein weihnachtliches Versehen ...

22 Dezember 2005

Fürchterlicher Unfug - toll gemacht!

Man kann nicht behaupten, dass ich mich mit Hörspielen gut auskenne. In den siebziger Jahren hörte ich mit Begeisterung Radio-Hörspiele – allein schon deshalb, weil wir keinen Fernseher zu Hause hatten. Seither habe ich praktisch nur noch aus beruflichen Gründen eine Hörspiel-Cassette oder neuerdings -CD eingelegt.

So auch diese hier: Das Ding nennt sich »Das Amulett von Kyan'Kor«, ist der erste Teil einer Serie namens »Caine«, die zuvor als kleinauflagiger Roman im Basilisk-Verlag erschien. Das Hörspiel kam jetzt beim neuen Label Lausch heraus – und ich kann es nur als hervorragend bezeichnen.

Mit tollen Geräuschen, einer immer passend eingesetzten Musik und sehr guten Sprechern schafft die Hörspiel-Firma vor allem am Anfang eine dichte Spannung, die einen zum Zuhören fast schon zwingt. Das gefiel mir.

Leider achtete ich doch irgendwann mal auf die Story – und hätte vor Lachen und Gruseln fast einen Unfall gebaut. Selten so einen haarsträubenden Unfug gehört: Dunkelelfen, die in den Katakomben von San Francisco sitzen, in Wirklichkeit aber von einem anderen Planeten kommen, bereiten die Übernahme der Erde vor, weil ihre Welt vom ewigen Eis bedroht wird, und bedienen sich ausgerechnet der Hilfe eines Auftragskillers.

Nun denn ...

Die Freunde gepflegter Schimpfwörter kommen auf jeden Fall auf ihre Kosten. »Verschissen« oder »Wichser« kann man dutzendfach in immer neuen Variationen hören – sehr attraktiv.

Wie man aus völligem Inhalts-Murks ein hervorragendes Hörspiel machen kann, beweist dieses Werk. Und das ist ja auch was wert.

Übrigens: Auf der Verlags-Homepage gibt es die Cover der »Caine«-Reihe zu bewundern, und beim Label gibt's eine fünfminütige Hörprobe für die Ohren.

20 Dezember 2005

Vielen Dank Peter Pank


Endlich ist es da – und gut sieht es aus, richtig klasse: mein erstes »richtiges« Hardcover-Buch. Klaus N. Frick als seriöser Autor ... na ja, nicht ganz.

Der Roman »Vielen Dank Peter Pank«, in der ersten Hälfte der neunziger Jahre im damals stilprägenden Fanzine ZAP erschienen und 1998 als Buch im Tilsner-Verlag publiziert, liegt jetzt in einer neuen Ausgabe vor. Heute konnte ich die Exemplare mit zittrigen Fingern auspacken.

Hurra!

Das Buch sieht richtig gut aus. Schwarzer Einband, rotes Lesebändchen, sauberer Satz.

Einige Änderungen zur Erstausgabe habe ich vorgenommen, einige Wortwiederholungen und Dümmlichkeiten rausgestrichen. Stattdessen kamen die Liedzitate rein, die bei der Erstausgabe fehlten, dazu kommt ein Nachwort, in dem ich die Vorgeschichte erzähle. Nachredigiert oder gar gesäubert wurde nichts.

Ich bin sehr stolz.

Wer das Buch haben will: 212 Seiten stark ist es, und es kostet 14 Euro. Unter der ISBN 3-86546-037-2 in jeder Buchhandlung zu erstehen, oder direkt über den Verlag.

Hausfrauen-Texte

Seit die »Desperate Housewifes« auch in bundesdeutschen Wohnstuben über die Fernsehschirme flimmern, fällt einem zum Thema »Hausfrauen« aller möglicher Unsinn ein. Umso amüsanter, dass es einen Blog im Netz gibt, der von einer Hausfrau geschrieben wird. Zumindest von einem Menschen, der sich als Hausfrau ausgibt.

Unter der Rubrik »Erotic confessions of a horny housewife« beschreibt die Dame, die sich selbst als Confessor bezeichnet, ihre erotischen Erlebnisse. Und zwar alle ...

Zumindest behauptet sie das. »Jedes Detail, jede Erfahrung, jeder Mann« – in englischer Sprache allerdings, worauf sich das ganze dann so anhört: »Stories of my sexual education and of my teachers. The men that once were inside me, what they did to me, what I did to them and what i felt. How I wanted them, craved them and think of them still.«

Das ganze liest sich in mehreren kurzen Kapiteln höchst unterhaltsam und teilweise auch witzig. Auch wessen Englisch-Kenntnisse nicht so gut sind, kann hier auf seine oder auch ihre Kosten kommen ...

19 Dezember 2005

Wolfenbüttel ist schuld

Wieder einmal ein Seminar an der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel. Das nach all den Jahren immer noch ein bißchen Befremdliche für mich: Ich bin einer der Dozenten, nicht einer von den Menschen, die etwas lernen möchten. Aber ehrlicherweise muß ich zugeben, daß ich jedesmal neues lerne.

Anfahrt am Freitag, 16. Dezember, noch in leicht verschnupftem Zustand. Die Erkältung aus San Francisco hängt noch in den Knochen. Schneetreiben, Feuchtigkeit, Kälte - die Bahn hat eine Panne nach der anderen, ständig wird Eiswind ins Abteil geblasen. Mit fast zwei Stunden Verspätung treffe ich in Wolfenbüttel ein, auch mein Co-Dozent Uwe Anton ist zu spät.

Freitag und Samstag ein anstrengendes Seminar. Ich bemerke, wie mein Schnupfen zunimmt, wie ich abends fröstle und wie sich ein unangenehmer Husten in meine Kommunikation einschleicht. Na super. Sicherheitshalber kaufe ich Medikamente und plustere mich voll.

Die Rückfahrt am Sonntag, 18. Dezember, trete ich frierend, schnupfend, hustend und Halsweh habend an. Um 19 Uhr bin ich in Karlsruhe, um 20 Uhr liege ich im Bett, am nächsten Morgen stehe ich um halb neun Uhr auf und quäle mich in die Firma.

Angesichts solcher Bedingungen freut man sich doch gleich doppelt auf Weihnachten ...

15 Dezember 2005

Weihnachten? Na ja ...

Als »weihnachtsfreie Zone« will ich diesen Blog sicherheitshalber nicht ausrufen. Es reicht hoffentlich aus, wenn ich das »Fest der Liebe« als das betrachte, was es letztlich ist: ein verlängertes Wochenende, an dem eben viel gefuttert wird.

Die beste Weihnachtsgeschichte, die ich in dieser vorweihnachtlichen Zeit bisher gelesen habe, steht im Blog der geschätzten Kollegin Hecke. Sie betrachtet ihren Blog ja wirklich als »weihnachtsfreie Zone« und hält sich prompt selbst nicht dran.

Allerdings ist die Geschichte »six feet above« sicher nicht jedermanns Sache. Es sind alle ruckzuck dabei, wenn es darum geht, dass man den Tod als »alltägliche Erscheinung« abqualifiziert. Bei diesem Text vermengen sich Tragik und Komik – saugut!

Lesen!

Das ist ein Vorweihnachtsbefehl.

14 Dezember 2005

Fellini und ich

Große Verwunderung löste im stets lesbaren und oftmals informativen Blog von Oliver Naujoks mein Bericht über einen spaßigen Kneipenabend in San Francisco aus. Oliver wunderte sich darüber, daß ich einen Film von Fellini nicht kenne. Da hat er recht – ich kenne den Film nicht. Mit dem Wundern hat er nicht so recht.

Er fragt: »Hat Klaus da eine empfindliche Bildungslücke offenbart, die ich ihm eigentlich nicht zutrauen würde oder meinte er das anders und mein Ironie- oder Understatement-Detektor bedürfen der Nachjustierung?«

Meine Filmkenntnisse sind bescheiden, und dafür gibt es einen schlichten Grund: Ich bin ohne Fernseher sozialisiert worden. Meine Eltern waren sehr christlich, also gab es ein solches Gerät nicht. Mittags wurde im Freien gespielt, abends las ich dicke Bücher.

Und als ich endlich allein wohnte, gab es genügend anderes zu tun. Nächtelang trieb ich mich auf der Straße herum – und wenn ich zu Hause war, schrieb ich eigenes Zeugs oder las dicke Bücher. Gelegentlich guckte ich bei Bekannten Fußball oder Nachrichten, selten Filme.

Einen eigenen Fernseher kaufte ich mir 1998, als ich schon 35 Jahre alt war. Und war völlig baff, als ich erstmals mitbekam, welcher Unsinn denn wirklich gesendet wird.

Als ich mit meiner Freundin zusammenzog, brachte sie einen Video-Recorder mit; mittlerweile besitzen wir sogar einen DVD-Player. Gelegentlich gucken wir Filme an (heute abend: »Der Bulle von Tölz«), gelegentlich leihen wir uns eine DVD aus.

Aber von all den Film-Klassikern habe ich aus nun hoffentlich verständlichen Gründen nicht die geringste Ahnung. Tja.

Weihnachtsessen

Der gestrige Abend war sehr stimmungsvoll: Mit meinen Kolleginnen und Kollegen aus der PERRY RHODAN-Redaktion zelebrierte ich das Weihnachtsessen. Lokal verbunden, wie wir alle nun mal sind, gingen wir in ein nettes Lokal in der Nähe, in die »Alte Schul« nach Gaggenau, in der ich seit schätzungsweise acht Jahren nicht mehr war.

Noch immer ist die Kneipe in der Art einer Schule aufgezogen, krakelige Hinweisschilder für »Buben« vor der Toilettentür inklusive. Aber nach wie vor ist das Essen klasse: Ich futterte leckere Gnocchi mit unglaublicher Soße, davor eine Pfifferlingrahmsuppe; andere ließen sich Wild oder Fischgerichte schmecken. Wunderbar!

Bei den Gesprächen schafften wir es tatsächlich über mehr als zwei Drittel der Zeit, nicht über die Arbeit zu reden. Stattdessen ging es um Kinder und Familie, um Häusle-Bauen und Urlaub, um eigene Projekte künftige Lebensplanung. Sehr lustig, sehr schön, sehr unterhaltsam.

Ich bin stolz und glücklich, mit solch einer tollen Truppe zusammenarbeiten zu dürfen!

Nette Grüße

Ausgesprochen freundliche Geburtstagsgrüße zu meinem 42. Geburtstag gab's von Nicole Rensmann, die in ihrem Blog über alle Dinge schreibt, die sie interessieren. Dazu zählen anscheinend auch die Menschen im redaktionellen Umfeld – vielen Dank dafür!

10 Dezember 2005

Narnia

Vor über zwanzig Jahren habe ich ein »Narnia«-Buch gekauft und auch gelesen. Ich erinnere mich düster daran, daß mir die Lektüre Spaß bereitete. Seither gehört das Buch zu jenen, die in meinem Bücherregal vor sich hin schlummern.

Die Gestaltung des Buches ist nicht gerade geeignet, bei den heutigen Jugendlichen und Kindern anzukommen: viel zu eng gesetzt, viel zu kleine Buchstaben. Vor allem die Kinder, die den »Narnia«-Film im Kino mitbekommen, werden das Buch in der Form fürchterlich finden. Glücklicherweise gibt es jetzt eine Neuausgabe.

Der Film selbst ist wirklich gelungen: Fantasy für die ganze Familie, mit gut spielenden Kindern, mit herrlichen Animationen, durchaus spannend, dann wieder herzzerreißend, mit einigen Klischees, mit einigen Wendungen, die an den Haaren herbeigezogen sind – aber alles in allem eine schöne Weihnachtswinter-Unterhaltung.

Na also!

Blog-Zukunft

Wie es mit diesem Blog weitergehen wird, ist mir selbst nicht klar. Es war in erster Linie ein Experiment für mich, um herauszufinden, wie man mit dem Medium eines Internet-Tagebuchs umgehen kann, und es war zeitgleich auch der Versuch, ein Reisetagebuch online zu stellen.

Nur: Jetzt hat mich der tägliche Wahnsinn wieder. Zeit, jeden Tag zwei oder drei Einträge ins Netz zu stellen, habe ich nicht mehr. Und es passiert vielleicht auch nicht mehr so viel berichtenswertes wie in Kalifornien.

Sicher ist, daß ich den Blog jetzt erst einmal weiterführen werde. Nicht mehr so oft, aber in einer gewissen Regelmäßigkeit, einmal am Tag oder so.

Mit »ä« und »ü« und »ö« und »ß«, also wieder mit den richtig guten deutschen Buchstaben, die ich so sehr gewöhnt bin.

Und in altmodischer deutscher Rechtschreibung. Meinetwegen mit den Änderungen, die ich akzeptieren kann.

Schauen wir mal ...

Krank zu Haus

Die Folgen meines Kalifornien-Urlaubs waren unterm Strich erst einmal verheerend: Mein Schnupfen, den ich mir in San Francisco eingefahren hatte, entwickelte sich zu einer fiesen Erkältung.

Rotzend und schnupfend kletterte ich am Montag morgen um halb sechs Uhr in den Bus, der mich zum Flughafen brachte. Mit Kopfschmerzen flog ich von San Francisco nach Detroit, wo mich eisige Kälte und Schnee empfingen.

Und fröstelnd, hustend und schniefend flog ich dann von Detroit nach Frankfurt, eine Nacht, in der ich keinen Schlaf fand und deshalb alle nur erdenklichen dämlichen Filme im Bordkino anguckte. Frierend stieg ich in Frankfurt in den Zug um, wechselte in Mannheim in eine andere Bahn, um dann am Dienstag morgen um zehn Uhr in Karlsruhe zu sein.

Zwar ging ich am Mittwoch morgen zur Arbeit, ließ mich aber bis Freitag krankschreiben. Mist verdammter, mir ging es richtig mies. Und so verbrachte ich auch meinen 42. Geburtstag am Freitag nicht gerade in perfekter Feierlaune, sondern hustete immer noch fleißig vor mich hin.

Was hoffentlich die lange Pause im Blog erklärt ...

Kurze Reflexionen

Ich kannte den Namen Cometbus schon länger – als der eines Fanzines. Der Autor Aaron Cometbus, der das Fanzine jahrelang herausgegeben und vor allem auch allein geschrieben hatte, war mir nicht so präsent.

In diesem Jahr las ich erstmals einen Roman von ihm: Der sehr unterhaltsame Punkrock-Roman »Doppel Zwei« erschien in deutscher Übersetzung im Lautsprecherverlag; die Schilderung einer chaotischen Punk-WG in Kalifornien unterhielt mich bestens.

Im City Lights Bookstore in San Francisco kaufte ich mir »Mixed Reviews«, ein 68 Seiten umfassendes Büchlein im A6-Format, das auch nur drei Dollar kostete und im obskuren Verlag International Publishers mit angeblichem Sitz in Mauritius erschienen ist. Enthalten sind Texte, die in Fanzines und Zeitschriften erst abgedruckt wurden und hier zusammengefasst sind.

Die Texte sind kurz und lakonisch, und es handelt sich dabei natürlich nicht um ernsthafte Besprechungen von Platten oder Restaurants. Statt dessen schreibt Cometbus über die Probleme eines Punkrockers, in New York eine halbwegs erträgliche Wohnung zu finden, über zerflossene Liebesbeziehungen oder auch die verschiedenen internationalen UN-Botschaften in New York.

Sehr persönlich immer wieder, sehr gut geschrieben und auch für jemanden verständlich, der wie ich nicht so gut in der englischen Sprache bewandert ist. Nett – ich bin gespannt, ob das auch mal in einer deutschen Übersetzung herauskommt.

04 Dezember 2005

Seltsamer Punkrock

Das El Rio liegt im von Mexikanern und anderen Latinos bewohnten Gebiet Mission, einige hundert Meter von der BART-Station (das ist hier die fixe U-Bahn) entfernt. Auf der Strasse lungern einige eher duester aussehende Gestalten herum, dafuer trifft man weniger Obdachlose an.

Im Prinzip besteht das El Rio aus zwei schlauchartigen langen Raeumen, die beide in einem Patio, also einem Innenhof enden. Der eine Raum ist die Kneipe, mit einer langen Bar, einem Billard-Tisch und so einem seltsamen Spielgeraet, auf dem man irgendwelche kreiselnden Dinge hin- und herschiebt. Es ist eine richtige Abfuellstation, bei der sich die Barkeeper bemuehen, den Gaesten fiese Cocktails einzuschenken. Als Biertrinker falle ich geradezu auf.

Der andere Raum ist der Konzertraum, nicht groesser als ein piefiges Jugendzentrum in der sueddeutschen Provinz. Im Patio gibt es einige Heater, die ein wenig Waerme in die eiskalte Luft blasen, der Rest des El Rio ist eiskalt. Und dank offener Tueren in allen Richtungen mit Durchzug ausgestattet.

Kein Wunder, dass alle mit Maenteln herumstehen, manche sogar Muetzen auf- und Handschuhe anhaben. Ich komme mir nicht vor wie auf einem Punk-Konzert, sondern eher auf einem Treffen anonymer Alkoholiker. Punks gibt es keine zu sehen, nur ein Typ sieht ein wenig aus wie die New York Dolls vor rund 30 Jahren.

Mir geht es an desem Samstag abend, 3. Dezember, nicht besonders gut, weil ich mir auf der Faehre wohl eine Erkaeltung geholt habe. Lange ueberlege ich im voraus, ob ich ueberhaupt aufs Konzert gehen soll. Der Anblick der schnell trinkenden Gaeste in dem eisig kalten Schlauch vertieft meine Ueberlegung.

Nach langer Wartezeit beginnen Nagg. Drei Langhaarige an den zwei Gitarren und am Bass, ein Schlagzeuger mit kurzen Haaren, eine ziemlich cool aussehende Saengerin mit langen rotblonden Haaren: Die fuenf geben sich redlich Muehe, den rund 100 Leuten einzuheizen, die Saengerin ist hinterher auch voellig verschwitzt. Musikalisch gibt es im Prinzip Punk-Rock im Sinne des Jahres 1975 oder frueher, also eher The Stooges oder The Dictators als sonst was. Nagg spielen viele Cover-Versionen, was dann wie derb gepielter Rhythm'n'Blues klingt, und einige eigene Stuecke, die ganz gut sind.

Die naechste Band besteht aus vier Langhaarigen und liefert derben Underground-Rock, der ueberhaupt nicht punkig ist, aber schwer bollert. Einige Leute im Publikum bewegen sich immerhin, aber die Hardrock-Show auf der Buehne empfinde ich als ueberzogen. Sieht auch aus wie MC 5 und Konsorten, wie eine Mischung aus ruepelig-stumpfen Black Sabbath und The C*nts also. Nun ja.

Ich gehe, weil mir kalt ist und langweilig wird. Dann doch lieber "Batman" in der Glotze angucken, Jack Nicholson als Joker ist einfach cooler.

Relax in Sausalito

Heute wollte ich es langsam angehen lassen. Gemuetlich bummelte ich - nachdem ich im Green Tortoise aus- und im Grant Hotel eingecheckt hatte - durch die Strassen, erkletterte den Russian Hill und schoss von dort oben einige Fotos, bevor ich zur Faehre ging.

Mit einer Faehre fuhr ich nach Sausalito, ein Zwischenstop im kleinen Ort Tilubon (oder so) inklusive - ich kam mir vor wie im Zug. Eigentlich war mein grosser geheimnisvoller Plan, dass ich mich in die Sonne setzen und auf San Francisco gucken wollte.

Wenn man die Fahere in Sausalito verlaesst, der Stadt am noerdlichen Bay-Ufer, gibt es zwei Moeglichkeiten: Man geht rechts oder links die Ufer-Passage entlang. Ich sah noch eine dritte: Treppen fuehrten nach oben.

Also kletterte ich auf den Huegel hinauf, an dem entlang sich die Stadt erstreckt (seufz ...), bummelte dort herum. Viele schoene Haeuser, huebsch an den Hang gebaut, alles sehr ruhig und doerflich. Spaeter futterte ich indisch-vegetarisch, bevor ich am Strand entlang bummelte, in einem Cafe rumsass und die Fuesse ausstreckte.

Zurueck mit der Faehre. Unterwegs sah ich den Sonnenuntergang. Die Regie sorgte dafuer, dass die Sonne genau hinter der Golden Gate Bridge unterging. Zauberhaft. Auch die Japaner, die mit Blitzlicht fotografierten, die Kids mit den Handy-Fotos und die zahllosen Menschen mit ihren Digitalkameras.

Sehr gemuetlich, der heutige Tag. Trotzdem fuehle ich mich wie geplaettet. Schon hart.

03 Dezember 2005

Freitag nacht an der Ecke

Freitag nacht. Mein letztes Wochenende in diesem Urlaub. Mein letzter Freitag in
San Francisco.

Auf der Strasse brodelt das Leben. Ich kann es hoeren, wenn ich in meinem Zimmer stehe und meinen Kram sortiere. Und als ich zum Fenster rausschaue, sehe ich fuenf Polizeifahrzeuge, die vor meinem Fenster stehen. Direkt an den Treppen, die die Kearney Street vom Broadway aus in Richtung Telegraph Hill verlaengern. Einige Polizisten in ihren schwarzen Uniformen stehen bereit, die Knueppel bereits in der Hand.

Ich gehe zum Golden Boy um die Ecke. Die Schlange am Eingang ist lang, ich quetsche mich vorbei, weil ich drin sitzen will. Der Laden ist ein Schlauch aus Aluminiumwaenden, laengs geteilt durch die Theke. Auf der einen Seite sind Bar und Kueche, auf der anderen Seite sitzt das Publikum, die eine Haelfte mit dem Gesicht, die andere mit dem Ruecken zur Theke. Ich esse ein Stueck vegetarische Pizza, wie immer koestlich, und trinke dazu ein kuehles Lagunitos vom Fass, schaue mir dabei das Publikum an. Eine bizarre Mischung aus schick (junge Maenner mit Krawatten, Maedels mit Abendkleidern) und assi (neben mir eine Frau mit zentimeterlangen Fingernaegeln und ein Typ, der seine Kapuze nicht mal beim Essen abnimmt; wenn sie knutschen, muss ich angeekelt weggucken).

Zurueck ueber die Stockton. Am Florence Hotel, an dem schon gar keine Farbe mehr abblaettern kann, klettert irgendein Idiot auf der Feuerleiter herum. Von unten schreit mit kreischender Stimme eine Frau zu ihm hoch.

Weiter zurueck ueber den Broadway. Vor Al's und dem Hungry Club stehen die Aufreisser. Die bulligen Typen muessen heute keine Maenner animieren, sondern eher irgendwelche Assis abwehren.

Auf der Strasse haelt ein Auto an der roten Ampel, Rockmusik bollert durch die heruntergelassenen Scheiben. Aus den Fenstern haengen vor Begeisterung schreiende Maedchen. Auf der Gegenfahrbahn rollt eine weisse Stretch-Limousine vorbei. Ein aufgeregt wirkender Fotograf rennt an der Strasse entlang.

Sicherheitshalber hole ich meinen Ausweis vom Zimmer. Auf der Strasse ist noch mehr los als zuvor. Pulks von jungen Leuten draengen sich aneinander vorbei.

Auf die andere Strassenseite, dort ins Fuse. Der dicke Tuersteher grinst mich an und winkt mich durch. Der Club, so gross wie in meiner Wohnung das Wohn- und das Esszimmer zusammen, ist angenehm gefuellt. In der einen Haelfte tanzen die Maedchen, in der anderen sitzen Maenner und Frauen an der Theke. Ich kippe ein Bier und schaue dem Verkehr zu: Auffallend huebsche Frauen kommen fuer einen Drink herein und gehen wieder.

Im Spec's, oder auch Adler Museum Cafe, ist jetzt richtig was los. Hinter der Theke steht nicht der uebliche Graubart, sondern eine zugetackerte Blondine mit Blechgesicht und stramm sitzendem Oberteil. Drumherum das uebliche Volk aus angehenden Dichtern und praktizierenden Saeufern.

Zwei Gimlets spaeter stolpere ich aus der Hitze hinaus in die kuehle Nacht. Zwei Maenner, einer mit einer Fiedel, der andere mit einere Art Balalaika, spielen im kleinen Hof der Cafe-Bar froehliche Musik, einige Leute tanzen dazu.

Ich purzele noch ins Cafe Vesuvio, fuehle mich aber schon schwerstens angetrunken. Hier ist alles nach irgendwelchen Beat-Poeten ausgerichtet, Jack-Kerouac-Poster inklusive. Im Fernseher laeuft ein italienischer Film aus den fuenfziger Jahren, schwarzweiss und mit englischen Untertiteln, eine Blondine mit riesiger Oberweite und im Abendkleid stolpert durch einen Brunnen in Rom, ein Typ in Anzug und mit Krawatte folgt ihr.

Ein Anchor Steam spaeter reicht es mir. Ich vertrage einfach nichts mehr, und das Alter sowie die schlaflose Nacht davor fordern ihren Tribut.

Als ich ins Green Tortoise zurueck gehe, bollert von unten immer noch der House Sound des Lounge Clubs hoch.

Yosemite Park

Es war noch dunkel, als ich heute morgen das Green Tortoise verliess, um zum Faehrhafen zu gehen. Schon ein seltsames Gefuehl, morgens um sechs Uhr durch eine Metropole zu gehen. Letzte Nachtschwaermer waren bereits weg, erste Leute auf der Strasse unterwegs. Jogger flitzten herum, Zeitungsjungen verteilten die Blaetter, sorgsam in Plastiktueten eingeschweisst.

Vom Faehrhafen aus ging ein Shuttle-Bus nach Emyville, zum Amtrak-Bahnhof. Von dort aus ging es per Bahn - sehr bequem! - nach Merced, einer Stadt im zentralen Kalifornien. Und dort bestieg ich den lokalen Bus, der in den Yosemite Park fuehrte.

Ich bin nicht so schlau, mir das alles selbst zusammenzubasteln. Ich hatte in diesem Fall bei Amtrak die gesamte Tour gebucht, was preislich nicht viel teurer war als alles selbst zu organisieren - ich habe die entsprechenden Preise verglichen.

Im Park selbst hing der Nebel um die Berge, verhuellte sie teilweise, gab aber immer wieder faszinierende Anblicke frei. Wasserfaelle prasselten Hunderte von Metern tief, schroffe Granithaenge erstreckten sich bis in die Wolken, feuchte Waelder bedeckten den Boden.

Mit einem Shuttle-Bus ging es durch den Park, immer wieder von Pausen unterbrochen, wo ich dann auf irgendwelche Felsen kletterte, um in die Schlucht zu gucken. Und als es Stunden spaeter zurueckging, war ich rechtschaffen muede.

So habe ich jetzt den legendaeren Yosemite-Park zumindest ein bisschen gesehen. Mit einer richtigen Wanderung oder einem mehrtaegigen Aufenthalt ist das nicht zu vergleichen.

Aber wenn ich wandern will, kann ich notfalls ja auch in den Schwarzwald gehen ...

02 Dezember 2005

Assis, Hippies, Touris

Haight-Ashbury ... in den 60er Jahren das Zentrum der Hippie-Bewegung. Heute das Zentrum der unabhaengigen Schallplattenlaeden. Also fuhr ich hin.

Mit der Buslinie 71 ging es durch unaufhoerlichen Nieselregen aus dem Financial District in die ehemalige Hippie-Hochburg. Der Bus war voll mit schraegen Leuten: Obdachlose, die vor sich hinstanken und einen erbarmungswuerdigen Eindruck hinterliessen, eine unglaublich bunt geschminkte Frau, die sich total aufgestylt hatte, deren Hosen aber zu lang waren und so unten voellig verdreckt wirkten, ein Mann, der angestrengt Soduku-Raetsel loeste, ohne eine Miene zu verziehen, eine alte Frau mit drei Einkaufstueten, die unaufhoerlich vor sich hinbrabbelte - in diesem Bus sah ich mehr als man in einem durchschnittlichen deutschen Unterhaltungsspielfilm zu Gesicht kriegt.

Und: Es war alles in allem ganz schoen verasselt. Ich kann verstehen, dass es Leute in dieser Stadt gibt, die die Busse meiden.

In Haight-Ashbury hausen heute wirklich noch die Hippies. Ich futterte in einem Laden, der sich "The People's Caffee" nannte und extrem oekomaeesig wirkte; auf der Strasse waren wirklich seltsame Menschen in noch seltsameren Klamotten unterwegs, und zwischen all den bunten Haeusern gab es allerlei an spirituellen Moeglichkeiten, Organic Food und anderem Kram.

Soviel zu den Hippies.

Nachdem ich bei Amoeba Records schaetzungsweise 30 bis 40 Punkrock-Singles gekauft hatte, fuhr ich mit derselben Bahn zurueck. Es goss wieder in Stroemen, also nahm ich das Cable Car, das quer ueber den Huegel zur Hafenanlage fuhr, wo ich eine Tour buchen wollte.

Jetzt hatte ich es mit Touristen zu tun. Eine blonde Frau, die angestrengt im Reisefuehrer las und einen Poncho mit dem Aufdruck "Expo 2000 Hannover" trug, schmallippig und Typ deutsche Studienraetin. Haufenweise Japaner, die mit dem Blitzlicht in die Nacht fotografierten.

Aber cool war es trotzdem. Die Cable Cars machen Spass, vor allem, wenn die Fahrer noch ihre zusaetzlichen Witze reissen. Nach zwei Dritteln stieg der Fahrer aus, der Beifahrer verankerte die Karre, und dann meinte der Fahrer: "Wenn jemand von Ihnen will, kann er ja weiterfahren, ich gehe jetzt heim." Er verschwand irgendwo in der Taylor Street.

Natuerlich kam der Ersatzfahrer bald. Aber schraeg war das Gefuehl trotzdem, in so einem Cable Car am Hang zu haengen, hinter sich den Hafen, vor sich den Russian Hill.

Versteckt am Ufer

Gewissermassen eine Ergaenzung zu einem frueheren Eintrag:

Als ich vorgestern erstmals an der Fisherman's Warf vorbeiging, so richtig schoen in Gedanken versunken, nahm ich irgendwie aus den Augenwinkeln wahr, das rechts von mir auf einmal ein Gebuesch auftauchte. Und das mitten an so einer Strandpromenade aus Asphalt, Beton und Stahl-Gelaender.

Auf einmal machte es "Huh!", das Gebuesch entpuppte sich als ein Obdachloser, der auf einem improvisierten Stuhl sass und zwei Holzstangen vor sich hielt, an denen er Strauchwerk befestigt hatte. Das riss er auseinander, und damit erschreckte er mich richtiggehend.

Ich zuckte zusammen, spuerte, wie ich kurz richtig geschockt war (von so etwas albernem? ja!), dann lachte ich und ging weiter. Auch eine Art, auf das Betteln aufmerksam zu machen, dachte ich dann.

Als ich vielleicht zehn Minuten spaeter noch einmal an der Ecke vorueberkam, war der Obdachlose verschwunden. Das Strauchwerk lag auf dem Boden, der Stuhl stand unbenutzt am Gelaender, und ein Buendel mit Klamotten lag daneben im leichten Nieselregen.

Ich sah noch die Ruecklichter des Polizeifahrzeuges, das sich eben vom Ort des Geschehens entfernte.

City Lights

Anscheinend ist der Buchladen schraeg gegenueber ein echter Touristen-Anknuepfpunkt. Hier war vor etwa 40 Jahren oder so das Zentrum der sogenannten Beat-Bewegung, hier wurden auch Autoren wie Jack Kerouac entdeckt oder eben gefoerdert.

So weit so gut.

Heute praesentiert sich der City Lights Bookstore erfrischend unaufgeraeumt und ganz schoen piefig. Schundliteratur wuerde man hier vergeblich suchen, da bin ich mir sicher.

Immerhin gibt es ein Regal mit Kleinstverlags-Publikationen, in dem ich gut eine Stunde lang begeistert wuehle: Fanzines, kleine Gedicht- und Story-Baende, das alles von Autoren, die mir alle unbekannt sind. Science Fiction oder artverwandte Genres suche ich vergeblich.

Ich kaufe nach langem Stoebern ein kleines Buch von Aaron Cometbus, den ich immerhin kenne. Kurze Geschichten, die zuvor in Fanzines und anderen Zeitschriften erschienen. Sehr schoen.

Aber ich muss schwer an mich halten, nicht das halbe Regal leerzukaufen ...

01 Dezember 2005

George Michael

Zwischen der K Street Mall, der zentralen Einkaufsmeile der kalifornischen Hauptstadt - keine 500 Meter lang und von der Strassenbahn beherrscht - und dem teilweise recht kitschigen, teilweise sehr schoen renovierten Old Sacramento mit seinem Wildwest-Schick erstreckt sich die Downtown Plaza. Eine typische amerikanische Einkaufspassage mit vielen Shops, Restaurants und den ueblichen Ketten.

Und einem gigantischen Weihnachtsbaum am Eingang. Selten habe ich so etwas geschmackloses gesehen; der Baum glitzert in gold und silber, er haengt so voller Schmuck, dass er schon gar nicht mehr wie ein Baum aussieht, sondern eher wie eine spitze Pyramide aus buntem Glitter. Die Eislaufbahn auf der anderen Strassenseite, auf der ein einsamer schwarzer Jugendlicher seine Kreise zieht, passt irgendwie.

Und es laeuft Musik. Durch die ganze Downtown Plaza droehnt das Lied, das ich jedes Jahr zwischen November und Januar zu hassen beginne. Wham! sind es, mit George Michael als Chefsaenger, und das Stueck, das durch die Boxen jault, heisst irgendwie "Last Christmas I give you my Love".

Haette er das doch bloss beim letzten Weihnachten getan und seine Klappe gehalten!

Die Welt waere vor schrecklicher Musik bewahrt geblieben.

Honk For Peace

Ich hatte gerade den ziemlich coolen Plattenladen "The Beat" in Sacramento verlassen (und nichts gekauft, ich bin stolz auf mich!) und bummelte wieder in Richtung Capitol, als ich das Hupkonzert hoerte. Es war kein ununterbrochenes Konzert, sondern immer wieder kam es zu einer wahren Lawine von Hupereien.

Neugierig ging ich die Seitenstrasse weiter vor, bis ich an die Ecke des Capitol Parks kam. Also quasi an den Hintereingang zum State Capitol, dem offiziellen Regierungssitz des US-Staates Kalifornien, also da, wo Arnold Schwarzenegger normalerweise zu sitzen hat (was er aber sicher nicht so oft tut).

An der Strassenkreuzung stand eine Gruppe von Maennern, alle zwischen 50 und 60 Jahren alt; eine Frau sass nebenan auf einem Klappstuhl. Die Maenner trugen Pappschilder, auf die mit schwarzer Farbe "USA out of Iraq" geschrieben hatten.

Einer der Maenner hatte sich als Indianer verkleidet, aber eher so ironisch, mit Peruecke und schlecht sitzender Federhaube. Er trug ein Schild, auf dem "Honk For Peace" stand.

Und immer, wenn der Verkehr an der Ampelkreuzung aus der einen oder der anderen Richtung zu fliessen begann, hielten sie ihre Plakate hoch, und der Indianer-Verschnitt huepfte auf und ab. "Hupt, wenn ihr fuer den Frieden seid!"

Ungelogen: Die Haelfte etwa aller Fahrer hupte wie bloed. Daher das Hupkonzert mit Unterbrechungen. Ein Konzert der besonderen Art in Sacramento.

Die Besatzungen in den schaetzungsweise acht Fahrzeugen irgendwelcher Nachrichtensendungen, die um da Capitol in Position gegangen waren, nahmen davon anscheinend keine Kenntnis.

Obdachlose

Es ist kein Spass, obdachlos zu sein, weder in Deutschland noch sonstwo. Mal ein bisschen einen "auf Platte machen", wie das zumindest in den 80er Jahren einige Punks fuer zwei, drei Wochen oder auch Monate taten, ist damit nicht vergleichbar.

Und in den Vereinigten Staaten, dem Land Of The Free, gleich zweimal nicht. "Free" heisst hier halt anscheinend, dass man fuer sich selbst sorgen muss - auf Teufel komm raus.

In den Strassen von San Francisco wimmelt es von Obdachlosen. Auch in Los Angeles sah ich sie, aber da war das Wetter trocken und warm, also habe ich es nicht als so schlimm empfunden. In San Francisco aber nieselt es oder es geht ein kalter Wind.

In der Innenstadt gibt es keinen Eingang zu einem Ladengeschaeft, in dem nicht jemand schlaeft. Bettelnde Obdachlose trifft man auf Schritt und Tritt; ich habe mir angewoehnt, jetzt immer mein Kleingeld in der Hand zu behalten, um es gleich verschenken zu koennen, und beruhige damit ein wenig mein Gewissen.

Obdachlose durchwuehlen die Muelltonnen, vor allem nachts. Sie heben herumstehende Coladosen und halbleere Saftflaschen auf, schuetteln sie, riechen daran, trinken dann vorsichtig einen Schluck. Sie riechen streng, und sie haben aufgerissene Gesichter.

Und manche von ihnen scheinen auch psychisch gestoert zu sein. Da ich ja mit oeffentlichen Verkehrsmiteln unterwegs bin, sehe und rieche ich sie im Bus. Man koennte daraus sicher die eine oder andere Obdachlosen-Komoedie machen; es sind manchmal schon bizarre Handlungen, die ich beobachten kann.

Aber: Es ist kein Spass, obdachlos zu sein.

Nirgends.

Und schon gar nicht in den Vereinigten Staaten.